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Oberster Gerichtshof beantragt Aufhebung einer Bestimmung des Adoptionsrechts

 
 

Verfassungsrechtliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den starren Mindestaltersabstand von 16 Jahren.

Eine Adoption darf seit der letzten Änderung des Familienrechts nur bewilligt werden, wenn der Adoptivelternteil mindestens 16 Jahre älter ist als das Kind (§ 193 Abs 2 ABGB). Anders als nach dem früher geltenden Recht darf dieser Mindestaltersabstand auch dann nicht unterschritten werden, wenn zwischen dem Adoptivelternteil und dem Kind schon ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Auf dieser Grundlage haben die Vorinstanzen die Bewilligung der Adoption eines 16-jährigen Jugendlichen verweigert, weil der Altersabstand zur Adoptivmutter – der jetzigen Ehefrau des leiblichen Vaters – nur 15 Jahre und 7½ Monate betrug. Dass die Adoptivmutter, der Vater und der Jugendliche schon seit 14 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatten, war rechtlich irrelevant.

Der Oberste Gerichtshof hatte Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Insbesondere scheint sie nicht mit Art 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern vereinbar zu sein. Danach hat „[j]edes Kind […] Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit“. Durch diese Bestimmung ist die Wahrung und Förderung des Kindeswohls auch verfassungsrechtlich geboten. Weil der starre Mindestaltersabstand von 16 Jahren dem Kindeswohl im Einzelfall zuwiderlaufen kann, stellte der Oberste Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, diese Regelung als verfassungswidrig aufzuheben.

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ogh.gv.at | 29.03.2024, 15:03
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/normpruefungsantraege-vfgh/oberster-gerichtshof-beantragt-aufhebung-einer-bestimmung-des-adoptionsrechts/)

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