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Verwendung einer „Soft-Gun-Pistole“ zum Raub

 
 

Im Urteil sind nähere Feststellungen zur Art und konkreten Wirkungsweise des beim Raub verwendeten Gegenstandes zu treffen.

Ein Jugend-Schöffengericht sprach den Angeklagten des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB schuldig, weil er einer Frau 8.145 Euro abgenötigt hatte, indem er eine „Luftdruckpistole“ gegen sie richtete und sie aufforderte, alles Geld herzugeben.

Der Angeklagte ließ das Urteil unbekämpft. Der Generalprokurator erhob jedoch Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 33 Abs 2 StPO).

Der Oberste Gerichtshof gab dieser Beschwerde Folge, hob das Urteil in der rechtlichen Beurteilung der Tat als schwerer Raub (§ 143 erster Satz zweiter Fall StGB) auf und ordnete insoweit die neue Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht an.

In der Begründung führte der Oberste Gerichtshof aus:

Dem Waffenbegriff des Raubes (§ 143 erster Satz zweiter Fall StGB) unterfallen jedenfalls Waffen im technischen Sinn (§ 1 Waffengesetz), das sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen (§ 1 Z 1 Waffengesetz) oder bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden (§ 1 Z 2 Waffengesetz).

Andere Gegenstände erfüllen den Waffenbegriff des Raubes nur dann, wenn sie nach ihrer konkreten Anwendbarkeit und Wirkungsweise unter dem Aspekt einer Beseitigung oder Herabsetzung der menschlichen Angriffs- oder Abwehrfähigkeit durch unmittelbare Einwirkung einer Waffe nach § 1 Z 1 Waffengesetz gleichkommen.

„Soft-(Air)-Guns“ verschießen durch komprimierte Luft oder Federdruck feste Körper (Kunststoffkugeln) durch einen Lauf in eine bestimmbare Richtung. Die damit zu verschießenden Plastikkugeln weisen aber eine dermaßen geringe Verletzungskapazität auf, dass sie vom Wesen her nicht dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. Daher mangelt es solchen Produkten sowohl an der Zweckbestimmung nach § 1 Z 1 Waffengesetz als auch an der für den funktionalen Waffenbegriff des Raubes (§ 143 erster Satz zweiter Fall StGB) verlangten Gleichwertigkeit.

Nach der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Stellungnahme eines konzessionierten, zum Handel mit Waffen berechtigten Gewerbetreibenden ist die sichergestellte „Tatwaffe“ eine „Soft-Gun-Pistole“, die zum Verschießen von Plastikkugeln in einer Stärke von ca 5 mm geeignet ist und je nach Abzugstärke ab einem Alter von 14 bzw 18 Jahren erworben werden kann.

Im Hinblick auf dieses unberücksichtigt gebliebene Beweisergebnis bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Raub bloß mit einer als Attrappe einzustufenden „Soft-Gun“ verübt und die Waffenqualifikation des Raubes (§ 143 erster Satz zweiter Fall StGB) zu Unrecht bejaht wurde. Aus diesen Gründen erachtete der Oberste Gerichtshof nähere Feststellungen zur Art und konkreten Wirkungsweise des beim Raub verwendeten Gegenstandes für erforderlich.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 29.03.2024, 09:03
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/verwendung-einer-soft-gun-pistole-zum-raub/)

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