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Verstärkter Senat zu Optionsvertrag und laesio enormis

 
 

Für die Prüfung des Wertverhältnisses des im Optionsvertrag in Aussicht gestellten Hauptvertrags im Sinne des § 934 ABGB ist auf den Zeitpunkt der Einräumung des Optionsrechts abzustellen.
Die Verjährungsfrist für die Anfechtung des im Optionsvertrag in Aussicht genommenen Hauptvertrags wegen laesio enormis läuft mit objektiver Möglichkeit der Geltendmachung. Nach Ablauf der Frist kann auch keine Einrede mehr erhoben werden.

Die Streitteile waren von 1999 bis 2017 Lebensgefährten. Der Kläger errichtete auf einem der Beklagten von ihren Eltern geschenkten Grundstück in den Jahren von 2008 bis Ende 2009/Anfang 2010 eine Werkshalle. Die Umwidmung des Grundstücks in Bauland – Gewerbegebiet erreichte der Kläger durch sein Bemühen und er zahlte auch die Kosten dafür. Im Jahr 2009 schlossen die Streitteile einen Optionsvertrag, der dem Kläger die Möglichkeit einräumte, das Grundstück um EUR 60.000 (wertgesichert) zu erwerben.

Der Kläger übte 2018 sein Optionsrecht aus und begehrt zusammengefasst, die Beklagte schuldig zu erkennen, aufgrund des durch Ausübung des Optionsrechts zustande gekommenen Kaufvertrags Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises in die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Kläger einzuwilligen.

Die Beklagte wendete Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis) ein.

Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies sie ab.

Die bisherige Rechtsprechung zu den Fragen, zu welchem Zeitpunkt bei einem durch Ausübung eines Optionsrechts in Wirksamkeit gesetzten Vertrag das Missverhältnis der vereinbarten Leistungen zu prüfen ist und wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, war uneinheitlich. Daher erfolgte die Entscheidung des OGH in einem verstärkten Senat (§ 8 OGHG).

Der verstärkte Senat sah für beide Fragen den Zeitpunkt der Einräumung der Option als maßgeblich an. Bei der laesio enormis geht es um die Möglichkeit, eine vorweg vereinbarte Inäquivalenz der Leistungswerte zu bekämpfen. Ist die unbedingt vereinbarte Übernahme des Risikos späterer Wertentwicklungen möglich, muss dies auch hinsichtlich (durch Ausübung des Optionsrechts) bedingter Wertentwicklungen möglich sein. Für die Verjährung des Rechts zur Anfechtung wegen laesio enormis ist auf die objektive Möglichkeit der Geltendmachung abzustellen. Wann vom Optionsrecht Gebrauch gemacht wird, ist für den Lauf der Verjährung ohne Bedeutung. Dies gilt auch dann, wenn das Anfechtungsrecht nur einredeweise ausgeübt wird.

Die Veröffentlichung im RIS folgt in Kürze.

 
ogh.gv.at | 26.04.2024, 02:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/verstaerkter-senat-zu-optionsvertrag-und-laesio-enormis/)

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