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Kontrazeption mittels Spirale ist keine besondere Heilbehandlung im Rahmen der Unterbringung

 
 

Die Kontrazeption durch Setzen einer Spirale ist, wenn sie der Aufrechterhaltung der durch die medikamentöse Behandlung erreichten Stabilisierung der psychischen Krankheit dient und daher medizinisch indiziert ist, als Heilbehandlung im Sinne des Unterbringungsgesetzes zu werten. Der Beeinträchtigungsgrad einer besonderen Heilbehandlung wird aber nicht erreicht, sodass eine Genehmigung durch das Unterbringungsgericht nicht erforderlich ist.

Die Kranke war ohne Verlangen in einer psychiatrischen Abteilung untergebracht. Sie ist nicht in der Lage, sich selbst oder eine Kind zu versorgen, benötigt ständige Hilfe und Betreuung und hat auch keine Einsicht in ihre gesundheitliche Situation. Sie kann das Entstehen einer Schwangerschaft bzw die Sinnhaftigkeit oder Wirkungsweise von Schwangerschaftsverhütung nicht verstehen. Bei Ausgängen hatte sie ungeschützte Sexualkontakte. Im Fall einer Schwangerschaft müsste ihre medikamentöse Behandlung weitgehend eingestellt werden, um den Fötus nicht zu gefährden. Das würde mit Sicherheit zur erheblichen Verschlechterung des psychischen Zustands der Kranken führen, mit der Gefahr des Wiederauflebens ihres eigen- und fremdgefährdenden Verhaltens.

Der Abteilungsleiter beantragte, die dauerhafte Kontrazeption durch Spirale zu genehmigen.

Die Vorinstanzen genehmigten diesen Antrag übereinstimmend.

Der Oberste Gerichtshof wies den Antrag ab.

Zwar liege, weil auch prophylaktische Maßnahmen unter den Heilbehandlungsbegriff fielen und im Falle einer Schwangerschaft die bisherige medikamentöse Behandlung der Kranken beendet werden müsste, die zu ihrer psychischen Stabilisierung notwendig sei, eine Heilbehandlung im Sinne des Unterbringungsgesetzes vor. Eine der gerichtlichen Genehmigung bedürfende „besondere Heilbehandlung“ im Sinne des Gesetzes sei dagegen zu verneinen. Davon könne nur gesprochen werden, wenn die körperliche Integrität des Betroffenen in besonderer Weise beeinträchtigt werde. Maßgebliche Kriterien seien die Intensität, Dauerhaftigkeit und Irreversibilität der Maßnahme. Das Setzen einer Spirale bedürfe keiner Narkose, führe zu keiner nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und habe keine erheblichen Nebenwirkungen. Zwar sei der Vorgang auf Dauer ausgelegt aber jederzeit reversibel. Insgesamt würden die Kriterien für eine besondere Heilbehandlung iSd Gesetzes nicht erfüllt und sei daher für ihre Durchführung keine gerichtliche Genehmigung erforderlich.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 25.04.2024, 04:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/kontrazeption-mittels-spirale-ist-keine-besondere-heilbehandlung-im-rahmen-der-unterbringung/)

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