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Grenzen für den Beschluss nach § 450 Abs 1 StPO

 
 

Reaktionsmöglichkeiten des Bezirksgerichtes auf seine Zuständigkeit überschreitende Anklageausdehnungen.

Gemäß § 450 erster Satz StPO hat das Bezirksgericht, wenn es der Ansicht ist, dass das Landesgericht zuständig sei, vor Anordnung der Hauptverhandlung seine sachliche Unzuständigkeit mit Beschluss auszusprechen. Auszugehen ist davon, dass diese Bestimmung den Begriff „Anordnung der Hauptverhandlung“ gleichsinnig verwendet wie § 485 Abs 1 StPO: als – das Hauptverfahren einleitenden (§ 4 Abs 2 StPO) – Akt, in dem sich der (die Rechtswirksamkeit der Anklage bewirkende) positive Ausgang einer amtswegigen Vorprüfung des (einen) Strafantrags manifestiert, durch dessen Einbringung das Hauptverfahren begonnen (§ 210 Abs 2 erster Satz StPO) hat. Daraus folgt, dass nach Eintritt der – durch die (so verstanden) einmalige Anordnung der Hauptverhandlung zum Ausdruck gebrachten – Rechtswirksamkeit des Strafantrags ein derartiger Beschluss nicht mehr gefasst werden darf. Nach (einmal erfolgter) Anordnung der Hauptverhandlung (und somit Rechtswirksamkeit des Strafantrags) darf (und muss – § 468 Abs 1 Z 2 StPO) das Bezirksgericht die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Spruchkörpers für die vom Strafantrag (§ 451 Abs 1 StPO) umfasste Tat nur noch mit Unzuständigkeitsurteil (§ 261 Abs 1 iVm § 447 StPO) wahrnehmen.

In Anwesenheit des Angeklagten ist die Ausdehnung der Anklage (§ 263 StPO) auf eine andere, von der mit Strafantrag (§ 451 Abs 1 StPO) angeklagten verschiedene Tat in der Hauptverhandlung zulässig. Fällt diese Tat in die Zuständigkeit eines höherrangigen Spruchkörpers, hat das Bezirksgericht (nicht seine sachliche Unzuständigkeit auszusprechen, sondern) gemäß § 263 Abs 2 StPO das Urteil auf den Gegenstand der Anklage zu beschränken und dem Ankläger – auf sein Verlangen – die selbständige Verfolgung wegen der hinzugekommenen Tat vorzubehalten.

In Abwesenheit des Angeklagten dagegen ist (nicht erst die Ausdehnung der Verhandlung, sondern schon) die Ausdehnung der Anklage (§ 263 StPO) unzulässig. Vielmehr hat der Ankläger, wenn bei der in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführten Hauptverhandlung eine neue Tat hervorkommt und er diese verfolgen will, nach § 210 Abs 1 StPO bei dem für das (diesbezügliche) Hauptverfahren zuständigen Gericht schriftlich Anklage einzubringen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 26.04.2024, 20:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/grenzen-fuer-den-beschluss-nach-%c2%a7-450-abs-1-stpo/)

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