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Entgeltanspruch einer Kellnerin während des „Corona‑Lockdowns“

 
 

Konnte der Dienstnehmer infolge des „Corona-Lockdowns“ seine Dienstleistung nicht erbringen, hat er dennoch gegenüber dem Dienstgeber Anspruch auf sein Entgelt.

Die Klägerin war als Kellnerin in dem vom Beklagten betriebenen Cafe beschäftigt. Ab 3. 11. 2020 war dieses aufgrund des „Corona-Lockdowns“ für die Gastronomie bis 18. 5. 2021 geschlossen. Für den Zeitraum des Lockdowns vereinbarten die Streitteile Kurzarbeit. Die Klägerin wurde daher von der Beklagten zunächst mit einer Kurzarbeitsunterstützung abgerechnet. Von 1. 4. 2021 bis 18. 5. 2021 erhielt die Klägerin kein Entgelt ausbezahlt. Das Dienstverhältnis war nicht beendet worden. Allerdings meldete die Beklagte die Klägerin rückwirkend für die Monate April und Mai 2021 von der Sozialversicherung ab, weil sie die rechtzeitige Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung übersehen hatte.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten ihr offenes Entgelt für diesen Zeitraum.

Die Vorinstanzen gaben der Klage großteils statt.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidungen.

Im Revisionsverfahren war (hinsichtlich des Zeitraums 1. bis 18. 5. 2021) strittig, ob Dienstnehmer auch bei Betriebsschließungen aufgrund des „Corona‑Lockdowns“ nach dem Außerkrafttreten des § 1155 Abs 3 ABGB mit 31. 12. 2020 einen Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 1155 Abs 1 ABGB haben.

Diese Frage bejahte der Oberste Gerichtshof zusammengefasst wie folgt: Dem Dienstnehmer gebührt das Entgelt auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist. Dazu zählen grundsätzlich auch Fälle höherer Gewalt. Nur wenn es sich dabei um ein Elementarereignis handelt, das nicht nur das Unternehmen des Dienstgebers, sondern in seiner Auswirkung über die Dienstgebersphäre hinaus in vergleichbarer Weise die Allgemeinheit trifft, dann besteht keine Entgeltfortzahlungspflicht des Dienstgebers.

Die Pandemie war zwar ein Fall höherer Gewalt, aber in Bezug auf das zwischen den Parteien bestandene Dienstverhältnis noch keine sog. „allgemeine Kalamität“. Gegen eine „allgemeine Betroffenheit“ sprechen die verbleibenden unternehmerischen Entscheidungsspielräume trotz der umfangreichen COVID‑Maßnahmen und der erfolgten Betriebsschließungen zusammen mit den vom Verordnungsgeber geschaffenen Rahmenbedingungen, die weiterhin ein Zustandekommen von Dienstleistungen ermöglichten. Nicht die Krankheit selbst, sondern die behördliche Maßnahmen haben dazu geführt, dass die vereinbarten Dienste nicht erbracht werden konnten.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 28.04.2024, 23:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/entgeltanspruch-einer-kellnerin-waehrend-des-corona%e2%80%91lockdowns/)

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