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Abgeltung der ständigen Rufbereitschaft einer Sicherheitskraft

 
 

Der Dienstgeber, der Rufbereitschaft verlangt, nimmt einen besondere Leistung des Arbeitnehmers in Anspruch. Wenn keine Vereinbarung über die Unentgeltlichkeit oder die pauschale Abgeltung der Rufbereitschaft getroffen wurde, hat der Dienstnehmer für diese vom ihm erbrachte (andere als Arbeits-)Leistung (mangels kollektivvertraglicher Regelung) gemäß § 1152 ABGB Anspruch auf ein angemessenes ortsübliches Entgelt.

Der Kläger war von Ende 2012 bis Anfang 2016 bei der Beklagten als Sicherheitskraft für den Personen- und Objektschutz beschäftigt. Bereits in der Rekrutierungs- und Ausbildungsphase und auch während der Einschulungszeit sagten ihm die Verantwortlichen der Beklagten, dass er „als Sicherheitskraft der Beklagten ständig erreichbar sein müsse“, weil es sich um eine hochsensible Tätigkeit im Sicherheitswachebereich handle, Verantwortung für Menschenleben vorliege und die Erreichbarkeit ein wesentlicher Teil der Arbeit sei; im Falle eines Anschlags oder einer Terrorattacke müsse mit jedem Sicherheitsmann in der Stadt Kontakt aufgenommen werden können. Dem Kläger wurde ein Diensthandy mit der Anweisung zur Verfügung gestellt, dass es immer aufgeladen sein müsse, nicht auf lautlos geschaltet werden dürfe und dass regelmäßig darauf zu schauen sei.

Die ständige Erreichbarkeit bedeutete in der Praxis, dass die Sicherheitskräfte der Sicherheitszentrale meldeten, wenn sie zB in den Park joggen gingen. Wollte ein Mitarbeiter über mehrere Stunden oder gar Tage nicht erreichbar sein oder wollte er die Stadt verlassen, musste er eine Erlaubnis einholen. Während der „Hochsaison für die Sicherheit“ (an 30 bis 40 über das Jahr verteilten Tagen) durften die Sicherheitskräfte keinen Alkohol trinken. Über finanzielle Aspekte dieser „Immererreichbarkeit“ wurde nicht gesprochen. Insbesondere erwähnten die Vertreter der Beklagten nie, dass die ständige Erreichbarkeit ohnehin durch das Gehalt oder andere Vergünstigungen abgegolten wäre.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Abgeltung der Rufbereitschaft mit 3 EUR brutto pro Stunde.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren übereinstimmend statt. Die Streitteile hätten in Ergänzung zum schriftlichen Dienstvertrag konkludent (§ 863 ABGB) die (ständige) Rufbereitschaft des Klägers vereinbart. Unter Berücksichtigung der weit über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Rufbereitschaft sei ein Stundensatz von 3 EUR angemessen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge, hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zutreffend ist die Ansicht der Vorinstanzen, dass zwischen den Streitteilen schlüssig die ständige Erreichbarkeit des Klägers vereinbart wurde, ohne dass die Unentgeltlichkeit oder Pauschalabgeltung dieser Leistung ausgemacht worden wäre. Angemessen iSd § 1152 ABGB ist allerdings jenes Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das ergibt, was unter ähnlichen Umständen geleistet wird oder wurde. Zu prüfen ist daher vor allem, welches Entgelt für Leistungen dieser Art ortsüblich geleistet wird. Dazu hat das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen, sodass der Anspruch des Klägers noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 24.04.2024, 02:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/abgeltung-der-staendigen-rufbereitschaft-einer-sicherheitskraft/)

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