Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Zum Anspruch des Liegenschaftskäufers auf Herausgabe der Mietzinse

 
 

Hat der Käufer einer Liegenschaft Anspruch auf Erfüllung durch Einverleibung seines Eigentumsrechts, stehen ihm ab dem Zeitpunkt der vereinbarten Übergabe auch die Mietzinse („Zivilfrüchte“) zu, selbst wenn ihm die Sache tatsächlich nicht übergeben worden ist.

Die Klägerin begehrte vom beklagten Verkäufer einer Liegenschaft die Herausgabe der von diesem für einen bestimmten Zeitraum vereinnahmten Mietzinszahlungen; dieser Anspruch sei ihr vom Käufer der Liegenschaft abgetreten worden.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der es der Klage stattgab.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge.

Bereits mit seinem Kaufanbot hatte sich der Beklagte als Verkäufer bindend dazu verpflichtet, sein Eigentumsrecht an der Liegenschaft an einen Dritten zu übertragen, der das Kaufanbot annahm. Zwar war der Beklagte zur Preisfestsetzung durch Vorlage eines geeigneten Referenzkaufvertrages berechtigt; für den Fall, dass er innerhalb der im Anbot vereinbarten Frist keinen (näher konkretisierten) Referenzkaufvertrag mit einem höheren Preis vorlegt, war er jedoch verpflichtet, einen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 100 EUR pro m² bis zu einem bestimmten Zeitpunkt grundbuchsfähig zu unterfertigen, womit die Übergabe bewirkt sein sollte. Redliche Parteien hätten diese Rechtsfolge auch für den Fall vereinbart, dass keine tauglichen Vergleichskaufverträge vorgelegt werden. Da der Beklagte nur abredewidrige Referenzkaufverträge beibrachte, stehen dem Käufer, der seine Bereitschaft, den Vertrag entsprechend den Vereinbarungen zu erfüllen, bekundet hatte, die Nutzungen aus der Liegenschaft nicht erst ab Einverleibung seines Eigentumsrechts zu.

Auch beim Liegenschaftskauf ist der Kaufvertrag grundsätzlich schon dann perfekt, also für beide Vertragsteile verbindlich, wenn über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis Einigung besteht. Selbst wenn die endgültige Errichtung einer Vertragsurkunde in grundbuchsfähiger Form einem späteren Zeitpunkt vorbehalten wird, tritt die Wirksamkeit des Vertrags nicht erst mit der Einhaltung dieser Form ein. Der Vertrag gilt als Punktation, die bereits einen unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung gewährt. Dazu zählt auch die Herausgabe der Mieteinnahmen ab der vereinbarten Übergabe.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 08.05.2024, 23:05
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zum-anspruch-des-liegenschaftskaeufers-auf-herausgabe-der-mietzinse/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710