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Schuldbefreiende Zahlung an den Schuldner nach Konkurseröffnung?

 
 

Eine Verpflichtung für Nichtunternehmer zur regelmäßigen Kontrolle der Vertragspartner im Hinblick auf mögliche Insolvenzen vor einer Zahlung ist grundsätzlich abzulehnen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn konkrete – notwendigerweise nur im Einzelfall beurteilbare – Umstände hinzutreten, die auch für einen Nichtunternehmer die Annahme der Insolvenz des Vertragspartners nahelegen, und wenn dessen ungeachtet zumutbare Nachforschungen unterlassen werden.

Die spätere Schuldnerin führte am Haus des Beklagten Arbeiten durch. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verschwieg der Geschäftsführer der Schuldnerin dem Insolvenzverwalter das Vorhandensein dieser Baustelle, ließ aber die Arbeiten abschließen. Danach überreichte er dem Beklagten persönlich die Abrechnung. Der Beklagte leistete den geforderten Betrag durch Zahlung auf das auf der Rechnung angeführte Konto, zu dem ihm der Geschäftsführer der Schuldnerin erklärt hatte, dass es sich um das Konto einer Mitarbeiterin handle, die noch offene Forderungen gegen die Schuldnerin habe.

Der klagende Insolvenzverwalter begehrt vom Beklagten die neuerliche Zahlung dieses Betrages. Nach Insolvenzeröffnung könne nicht mehr schuldbefreiend an den Schulder gezahlt werden. Der Beklagte wendete ein, das ihm die Insolvenzeröffnung weder bekannt gewesen sei, noch hätte sie ihm bekannt sein müssen.

Die Vorinstanzen gaben der Klage des Insolvenzverwalters statt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Die Zahlung einer Schuld an den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht schuldbefreiend, es sei denn dem Verpflichteten war die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bekannt und die Unkenntnis beruhte nicht auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Durch die allgemein zugängliche Insolvenzdatei und ausgehend von der Verbreitung der für den Zugang erforderlichen technischen Mittel ist die Kenntnisnahme von Insolvenzen heute zwar generell deutlich erleichtert. Eine Verpflichtung für Nichtunternehmer zur regelmäßigen Kontrolle der Vertragspartner im Hinblick auf mögliche Insolvenzen vor einer Zahlung ist aber grundsätzlich abzulehnen. Dass der Beklagte nicht schon allein aus dem Vorliegen einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung auf eine Insolvenz des Vertragspartners geschlossen hat bzw sich nicht zu Nachforschungen in diese Richtung verpflichtet sah, ist ihm im konkreten Fall nicht als Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen. Ob ihm die Insolvenzeröffnung positiv bekannt war, muss allerdings noch geklärt werden.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 26.04.2024, 23:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/schuldbefreiende-zahlung-an-den-schuldner-nach-konkurseroeffnung/)

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