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Pflicht zur gemeinsamen Verfahrensführung

 
 

Wird gegen eine bereits angeklagte Person eine weitere Anklage eingebracht, so sind die Verfahren jedenfalls zu verbinden.

Gegen einen Angeklagten wurde eine weitere Anklage eingebracht. Das für das früher begonnene Verfahren zuständige Schöffengericht lehnte die von der Staatsanwaltschaft mehrfach begehrte Einbeziehung des neuen Verfahrens in zwei Beschlüssen ab, weil eine gemeinsame Verfahrensführung in Anbetracht der Entscheidungsreife im ersten Verfahren „unzweckmäßig und unbillig“ sei.

Der Oberste Gerichtshof stellte über eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes fest, dass durch diese Entscheidungen das Gesetz verletzt wurde.

Gemäß § 37 Abs 3 erster Teilsatz StPO sind Strafverfahren zu verbinden, sofern zu dem Zeitpunkt, in dem die (zu einem weiteren Hauptverfahren führende) Anklage rechtswirksam wird, bereits ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist die Verbindung der Verfahren zwingend vorgegeben. Dem Gericht kommt bei der Verbindung kein Ermessensspielraum zu. Unterbleibt die Verfahrensverbindung entgegen dieser Bestimmung, wird das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) verletzt.

Für das gesamte weitere Verfahren ist demnach das Schöffengericht zuständig, welches das Verfahren über die älteren Straftaten führt. Dieses Gericht hätte allerdings zur Vermeidung von Verzögerungen eine Trennung der Verfahren verfügen dürfen, ohne dadurch jedoch die einmal durch Verbindung gesetzlich begründete Zuständigkeit verändern zu können.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 29.03.2024, 07:03
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/pflicht-zur-gemeinsamen-verfahrensfuehrung/)

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