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Mietzinsminderungsanspruch auch ohne Mängelanzeige betreffend eine gefährliche elektrische Anlage

 
 

Die Mietzinsminderung nach § 1096 ABGB setzt bei unverschuldeter Unkenntnis des Mieters von Mängeln des Bestandobjekts keine Anzeige an den Vermieter voraus. In diesem Fall trifft die Gefahr eines aus objektiver Sicht nicht dem vereinbarten Gebrauch entsprechenden Bestandobjekts den Vermieter als Eigentümer. Eine Verpflichtung zur Untersuchung für den Mieter nicht erkennbarer, nur theoretisch denkbarer Mängel des Bestandobjekts kann aus seiner Pflicht nach § 1097 ABGB, dem Bestandgeber ihm obliegende Ausbesserungen anzuzeigen, nicht abgeleitet werden. Der Umstand, dass der Mieter aufgrund der subjektiven Unkenntnis seiner Gefährdung das Objekt weitgehend uneingeschränkt nutzen konnte, ist bei Bestimmung der Höhe seines Zinsminderungsanspruchs angemessen zu berücksichtigen.

Die klagenden Mieter hatten eine Wohnung gemietet, deren Elektroinstallation – ungeachtet eines über Auftrag der Vermieter von einem Fachunternehmen eingeholten positiven Elektrobefundes nach der Elektrotechnikverordnung (ETV), der nicht nach den Regeln der Technik erstellt worden war – tatsächlich gefährlich war. Das wussten die Mieter nicht, sie konnten es bis zu einem Brandereignis nicht erkennen.

Das Erstgericht verneinte einen Mietzinsminderanspruch der Kläger bis zu dem Brandereignis, weil die Mieter die Obliegenheit zur Anzeige des Mangels getroffen hätte, die nicht erfolgt sei.

Das Berufungsgericht gestand ihnen einen Mietzinsminderungsanspruch zu, weil bei dem Mieter nicht bekannten Mängeln einer elektrischen Anlage keine Anzeige zu fordern sei.

Der OGH bestätigte diese Entscheidung.

Der Mietzinsminderungsanspruch nach § 1096 ABGB ist ein Gewährleistungsanspruch, der ex lege bei Vorliegen eines objektiven Mangels des Bestandobjekts entsteht. Ein solcher objektiver Mangel liegt insbesondere dann vor, wenn die Nutzung tatsächlich nur unter Inkaufnahme von Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum möglich ist, weil eine solche Nutzung im Regelfall nicht „bedungener Gebrauch“ ist. Bei Mängeln, die ein durchschnittlich verständiger Mieter weder erkannt hat noch erkennen konnte, ist keine Anzeige an den Vermieter als Voraussetzung für den Zinsminderungsanspruch zu verlangen. Der Umstand, dass der Mieter das Objekt in Unkenntnis der Gefahr genutzt hat, ist bei der Ermittlung der Höhe des Anspruchs angemessen zu berücksichtigen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 29.04.2024, 05:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/mietzinsminderungsanspruch-auch-ohne-maengelanzeige-betreffend-eine-gefaehrliche-elektrische-anlage/)

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