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Medienkontakte von Richtern

 
 

Medienkontakte, die Richter mit Bezug auf Zivil- und Strafverfahren, in denen sie selbst als Richter mitwirken, unterhalten, sind pflichtwidrig.

In einem Disziplinarverfahren wurde ein Richter eines Landesgerichts einer Pflichtverletzung nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz schuldig erkannt, weil er in einem von ihm geführten Ermittlungsverfahren entgegen dem Medienerlass des Bundesministeriums für Justiz Medienkontakte unterhalten hatte. Der Richter hatte gegenüber einem Vertreter der APA das Prozessverhalten von Beschuldigten (zwei hochrangigen Staatsanwälten) bewertet.

Der Oberste Gerichtshof gab der Berufung des Disziplinarbeschuldigten nicht Folge.

Das Höchstgericht betonte in seiner Entscheidung die Wichtigkeit des Vertrauens der Öffentlichkeit in richterliches Handeln und auch die Bedeutung der Rolle der Medien zur Deckung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit:

Medienkontakte, die Richter mit Bezug auf Zivil- und Strafverfahren, in denen sie selbst als Richter mitwirken, unterhalten, sind nicht nur pflichtwidrig. Da die verletzte Pflicht auf das zentrale Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in von persönlichen Interessen losgelöstes richterliches Handeln zielt, beschädigen auf konkrete Verfahren, an denen der Richter selbst mitwirkt oder in jüngster Zeit mitgewirkt hat, bezogene, nicht dienstlich veranlasste Äußerungen in erheblichem Maß das Ansehen des richterlichen Berufsstands, wenn sie eine Bewertung des prozessualen Verhaltens eines durch die Äußerung betroffenen Beschuldigten beinhalten.

Dass das Ermittlungsverfahren nach der StPO „nicht öffentlich“ ist, bedeutet keineswegs, dass es „geheim“ abzulaufen hätte. Die Öffentlichkeit mag durchaus gerechtfertigtes Interesse daran haben, zu erfahren, wie weit maßgebliche Vertreter des Rechtsstaates dessen Regeln in eigener Sache zu akzeptieren bereit sind, ohne eine gegenüber anderen Menschen abweichende Behandlung durch Gerichte und Staatsanwaltschaften für sich zu reklamieren. In diesem Sinn stellt sachliche Information durch Medienstellen der Justiz sicher, dass Medien ihrer von Art 10 MRK geschützten Rolle als „public watchdog“ gerecht werden können.

Der Richter hätte den Journalisten an die Medienstelle des Landesgerichts verweisen müssen, die zur Auskunft legitimiert ist.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 26.04.2024, 19:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/medienkontakte-von-richtern-2/)

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