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LKW-Brand in Autobahn-Tunnel – Verschuldenshaftung von Lenker und Halter?

 
 

Der Oberste Gerichtshof verneint eine solche Verschuldenshaftung in einem Fall, in dem ein LKW in Brand gerät, der ohne gesetzliche Anordnung mit einem Feuerlöscher ausgestattet war, ohne dass der Lenker in dessen Handhabung eingeschult worden wäre.

Aufgrund eines technischen Defekts geriet ein LKW in einem Tunnel in Brand. Der Halter hatte den LKW mit Handfeuerlöschern ausgestattet, obwohl diese für den zu beurteilenden Transport nicht vorgeschrieben waren. Mangels erfolgter Einschulung gelang es dem Lenker nicht, den Brand einzudämmen, sodass es zu erheblichen Schäden am Tunnel kam.

Durch den Brand verursachte Schäden in der Höhe von rund 1,3 Mio EUR wurden bereits bezahlt – das entspricht dem Haftungshöchstbetrag nach § 16 Abs 1 Z 1 EKHG. Es kam jedoch zu einem weiteren, bisher nicht ersetzten Schaden in Höhe von rund 1,5 Mio EUR, die der Tunnelhalter nunmehr einklagt.

Die Vorinstanzen gaben dem (nur mehr) auf Verschuldenshaftung gestützten Schadenersatzbegehren überwiegend statt. Während das Erstgericht ein Verschulden des Lenkers bejahte, weil sich dieser nicht mit der Handhabung der Löschgeräte vertraut gemacht hatte, erblickte das Berufungsgericht in der unterbliebenen Einschulung des Lenkers durch die Halterin einen Sorgfaltsverstoß.

Der Oberste Gerichtshof gab einer Revision des beklagten Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs Folge und wies die Klage ab.

Der Oberste Gerichtshof stellt zunächst klar, dass eine Verschuldenshaftung des Halters aufgrund eigenen Verhaltens in Betracht kommt, wenn sein Verhalten eine Verletzung seiner Halterpflicht überhaupt darstellt und (dadurch) die Allgemeinheit unmittelbar gefährdet oder ein Schutzgesetz verletzt wird. Durch die unterlassene Einschulung hat der Halter aber weder ein Schutzgesetz verletzt noch gegen allfällige Ausbildungsrichtlinien verstoßen. Auch wurde – mangels Hinzutretens besonderer Gefahrenmomente – dadurch keine von vornherein ungewöhnliche, die Allgemeinheit gefährdende Benutzung des Fahrzeugs ermöglicht. Dem Halter ist daher kein Sorgfaltsverstoß anzulasten.

Gleiches gilt für den Berufskraftfahrer als Lenker. Dieser unterliegt bezüglich der von ihm zu fordernden technischen und rechtlichen Kenntnisse dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB. Im Zusammenhang mit der Brandentstehung oder der Einfahrt in den Tunnel ist dem Lenker unstrittig kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen. Spezielle Kenntnisse im Zusammenhang mit der Brandbekämpfung und dem Umgang mit Löschgeräten sind – soweit deren Mitführung nicht angeordnet oder aufgrund besonderer Gefahrenmomente indiziert ist – auch von Berufskraftfahrern nicht zu fordern.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 28.04.2024, 22:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/lkw-brand-in-autobahn-tunnel-verschuldenshaftung-von-lenker-und-halter/)

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