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Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe – Kündigungsfristen

 
 

Mit einer am 1.10.2021 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle (§ 1159 ABGB) wurden die für ArbeiterInnen geltenden Kündigungsfristen an jene der Angestellten angeglichen (für Dienstgeberkündigung grundsätzlich sechs Wochen). Die Norm ermöglicht aber, dass durch Kollektivvertrag für Branchen, in denen Saisonbetriebe im Sinne des § 53 Abs 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes überwiegen, abweichende Regelungen festgelegt werden. Der Oberste Gerichtshof nahm dazu im Hinblick auf den Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe Stellung.

Zwischen der Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband Hotellerie und Fachverband Gastronomie, und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund war strittig, ob die bisherigen Kündigungsbestimmungen des Kollektivvertrags für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe (14-tägige Kündigungsfrist) auch nach Inkrafttreten des § 1159 ABGB, sohin über den 30.9.2021 hinaus weitergelten. Die Fachverbände beantragten beim Obersten Gerichtshof eine entsprechende Feststellung (§ 54 Abs 2 ASGG).

Der Oberste Gerichtshof stellte fest, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende kollektivvertragliche Kündigungsbestimmungen für ArbeiterInnen nicht ihre Geltung verlieren, wenn sie den Vorgaben der neuen gesetzlichen Ermächtigung entsprechen.

Er prüfte daher, ob sich der vorliegende Kollektivvertrag auf eine „Branche, in der Saisonbetriebe iSd § 53 Abs 6 ArbVG überwiegen“ bezieht. Nach dieser Norm sind Saisonbetriebe Betriebe, „die ihrer Art nach zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten“ oder die „regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten“.

In Auslegung dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe kam der OGH zum Ergebnis,
– dass der Begriff „Branche“ grundsätzlich nach dem fachlichen Anwendungsbereich eines Kollektivvertrags bestimmt werden kann, das Hotel- und Gastgewerbe daher als eine Branche anzusehen ist,
– dass es für das „Überwiegen“ von Saisonbetrieben innerhalb der Branche auf die zahlenmäßige Mehrheit der Betriebe ankommt (nicht: Überwiegen nach Betriebsgröße, Umsatz, Anzahl der Beschäftigten oä),
– dass „regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärktes Arbeiten“ Zeiten mit einem geringeren „normalen“ Arbeitsaufkommen voraussetzt (nicht: ganzjährige Auslastung eines Betriebes mit nur für kurze Zeit erheblich reduzierter Arbeit),
– dass für das „verstärkte“ Arbeiten auf einen erhöhten Personalstand abzustellen ist (nicht: Umsatzsteigerungen oder Überstundenleistungen),
– dass ein „erheblich“ verstärktes Arbeiten bei einem Anstieg des Beschäftigtenstandes im Ausmaß von mindestens einem Drittel jedenfalls gegeben ist.

Bundesweit gesehen, konnte anhand der von den Antragstellern dargelegten Zahlen allerdings nicht festgestellt werden, dass im Hotel- und Gastgewerbe die Saisonbetriebe überwiegen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die kollektivvertragliche Ermächtigung erfüllt sind. Der Antrag wurde daher abgewiesen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 27.04.2024, 01:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/kollektivvertrag-fuer-arbeiterinnen-im-hotel-und-gastgewerbe-kuendigungsfristen/)

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