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Kein Feststellungsinteresse bei rein biologischer Vaterschaft

 
 

Auch das durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugte Kind hat die Wahl zwischen der (direkten) Feststellung der Vaterschaft durch positiven Vaterschaftsbeweis und der (der Beiwohnungsvermutung entsprechenden) Vermutungsregelung für den Mann, mit dessen Samen in der empfängnisrelevanten Zeit an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde. Kann der Kläger seine rechtliche Vaterschaft nicht schlüssig darlegen, so fehlt es ihm am notwendigen rechtlichen Interesse für eine Feststellungsklage, die sich auf den zukünftigen Unterhaltsschaden bezieht.

Im Jahr 2014 ließ die spätere Ehegattin des Klägers im Ambulatorium der Beklagten eine künstliche Befruchtung mit Embryonen aus ihren Eizellen und Samenzellen des Klägers durchführen. Die damalige Verpflanzung führte zu keiner Schwangerschaft. Aus Anlass dieser Verpflanzung wurden drei Embryonen eingefroren und bei der Beklagten gelagert. Im Jänner 2019 kam die zwischenzeitlich wieder geschiedene (frühere) Ehegattin des Klägers alleine zur Beklagten und erklärte, die im Jahr 2014 eingefrorenen Embryonen eingesetzt erhalten zu wollen; der Arzt fragte nicht nach, ob ihre Ehe mit dem Kläger noch aufrecht ist. In der Folge führte der Arzt den Ebryonentransfer durch, der erfolgreich war und am 26. 7. 2019 zur Geburt einer gesunden Tochter führte. In der Geburtsurkunde ist der Kläger nicht als Vater angeführt.

Der Kläger begehrte die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen gegen ihn erhobenen Ansprüche aus dem Embryonentransfer im Jahr 2019.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen der Beklagten und des Arztes Folge und wies das Feststellungsbegehren ab. Dazu führte das Höchstgericht aus:

Nach der Rechtsprechung setzt eine Feststellungsklage ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses durch Urteil voraus, widrigenfalls die Klage abzuweisen ist. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung besteht dann, wenn ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses besteht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das begehrte Urteil zwischen den Streitparteien über einen allfälligen Leistungsanspruch hinaus geeignet ist, Grundlage für die weiteren Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander zu sein. Ist die Feststellungsklage auf die Haftung des Beklagten für künftige Schäden gerichtet, so muss der Kläger konkrete Umstände schlüssig darlegen, die für denkbare zukünftige Schadenersatzansprüche von Bedeutung sein können und es objektiv zweckmäßig erscheinen lassen, sie schon vor Schadenseintritt zeitnah zu klären.

Die Unterhaltspflicht eines Mannes resultiert aus der rechtlichen Vaterschaft. Dafür ist vorausgesetzt, dass der Mann
1. mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder
2. die Vaterschaft anerkannt hat oder
3. seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Im Anlassfall sind die Voraussetzungen für die Ehelichkeitsvermutung nicht gegeben; es liegt auch kein Vaterschaftsanerkenntnis vor.

Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft des Mannes, von dem der Samen (zur Zeugung eines leiblichen Kindes) stammt, kommt entweder nach der (der Beiwohnungsvermutung entsprechenden) Vermutungsregelung für den Mann, mit dessen Samen in der empfängnisrelevanten Zeit an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde, oder durch den direkten (DNA-)Nachweis der Vaterschaft in Betracht. Im Anlassfall erfolgte der Embryotransfer (als Fortpflanzungsmaßnahme „an der Mutter“) außerhalb der empfängnisrelevanten Zeit, weshalb nur der direkte Nachweis der Vaterschaft denkbar wäre. Dazu fehlt es jedoch an der wirksamen Zustimmung des Klägers, die für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (zur Zeugung eines leiblichen Kindes) erforderlich ist.

Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass er als rechtlicher Vater festgestellt werden kann. Es fehlt ihm daher am rechtlichen Interesse für die erhobene Feststellungsklage, weshalb das Feststellungsbegehren abzuweisen war.

Die Veröffentlichung im RIS folgt in Kürze.

 
ogh.gv.at | 25.04.2024, 11:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/kein-feststellungsinteresse-bei-rein-biologischer-vaterschaft/)

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