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Führerscheinklausel in der Unfallversicherung

 
 

Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer versteht die Führerscheinklausel dahin, dass er, um Unfallversicherungsschutz zu genießen, über die zum Lenken eines Kraftfahrzeugs entsprechende Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz verfügen muss. Das gilt auch für das Lenken eines – nicht zur Verwendung auf Straßen bestimmten – Trial-Motorrads bei einem Fahrsicherheitstraining.

Als Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalles sieht Art 21.1 AUVB 2019 vor, dass die versicherte Person als Lenker eines Kraftfahrzeuges die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeuges erforderlich wäre, zu besitzen hat; dies gilt auch dann, wenn dieses Fahrzeug nicht auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt wird (Führerscheinklausel).

Der damals 15-jährige, mitversicherte Sohn des Klägers erlitt im Zuge der Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining einen Unfall, bei dem er sich eine Unterschenkelfraktur zuzog. Er stürzte mit einem Trial-Motorrad mit einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter infolge eines Fahrfehlers. Der Sohn des Klägers verfügte nicht über die Lenkberechtigung für Motorräder mit diesem Hubraum.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren auf Zahlung der vereinbarten Unfallversicherungsleistung statt, weil für Trial-Motorräder mangels Verwendung auf der Straße und infolge Teilnahme des Sohnes des Klägers an einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung keine Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz erforderlich sei.

Der Oberste Gerichtshof teilte diese Rechtsansichten nicht und wies das Klagebegehren ab.

Das Fahrtechniktraining fand auf einem Gelände ohne Straßen mit öffentlichem Verkehr statt, was dem Erfordernis einer Lenkberechtigung nicht entgegensteht, weil die vereinbarte Führerscheinklausel auch für Fahrten auf nicht öffentlichem Grund gilt. Nach der Führerscheinklausel hat der Sohn des Klägers als Lenker die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses Trial-Motorrades oder eines typengleichen Kraftfahrzeugs erforderlich war, zu besitzen. Zweck dieser Obliegenheit ist, das Risiko von Versicherungsfällen durch ungeschulte, unerfahrene KFZ-Lenker auszuschalten.

Typengleiches Kraftfahrzeug wie das Trial-Motorrad ist ein (ordnungsgemäß ausgestattetes) Motorrad mit derselben Motorleistung und einem Hubraum von 125 Kubikzentimetern. Für dieses wäre jedenfalls die Lenkberechtigung der Klasse A1 erforderlich gewesen, die der Sohn des Klägers nicht besaß, sodass der beklagte Unfallversicherer die Verletzung der Führerscheinklausel nachgewiesen hat.

Den Kausalitätsgegenbeweis, dass der Unfall durch keinerlei Fahrfehler seines Sohnes, etwa durch ein technisches Gebrechen oder das ausschließliche Verschulden eines Dritten verursacht wurde, hat der Kläger nicht erbracht. Damit ist der Unfallversicherer leistungsfrei.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 04.05.2024, 00:05
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/fuehrerscheinklausel-in-der-unfallversicherung/)

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