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Ersatz des beim Stiefvater aufgrund des Unfalltods des Stiefsohns eingetretenen „Schockschadens“

 
 

Der Oberste Gerichtshof bejaht im Anlassfall einen Anspruch des Stiefvaters auf Ersatz des erlittenen Schockschadens.

Der 17-jährige Stiefsohn des Klägers verstarb 2021 an den Folgen eines vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfalls. Der Kläger heiratete die Mutter des Stiefsohns 2011, im Jahr 2012 kam ein gemeinsames Kind zur Welt. Zwischen dem Kläger und dem Stiefsohn bestand eine herzliche und enge Beziehung. Der Kläger sah den Stiefsohn als „seinen ersten Sohn“ an, der Stiefsohn den Kläger als seinen Vater. Der Kläger kümmerte sich auch um die schulischen Belange und die Probleme des Stiefsohns. Es bestand ein gemeinsames Familienleben (und auch eine Wohngemeinschaft). Der Kläger war aufgrund des Todes des Stiefsohns arbeitsunfähig und litt an Depressionen.

Der Kläger begehrt (unter anderem) die Zahlung von 18.750 EUR an (aufgrund eines „Gurtenmitverschuldens“ des Getöteten gekürztem) Schmerzengeld für Schockschäden.

Die Beklagten wenden ein, dass die bloße Nahebeziehung zum Verstorbenen nicht anspruchsbegründend sei.

Das Erstgericht sprach aus, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht besteht.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das Urteil des Erstgerichts wieder her.

Nach Darstellung der bisherigen Rechtsprechung zum Ersatz von „Schockschäden“ wies der Oberste Gerichtshof darauf hin, dass der Gesetzgeber durch Einführung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen (etwa § 139 Abs 2 ABGB, § 123 Abs 1 ASVG oder § 2 Abs 1 Z 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) die Tendenz gezeigt habe, das Verhältnis zwischen Stiefeltern und Stiefkindern unter bestimmten Voraussetzungen dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern gleichzustellen, was auch gesellschaftlichen Änderungen in der Zusammensetzung der sogenannten „Kernfamilie“ Rechnung trage.

Da der Kläger nach den getroffenen Feststellungen im Anlassfall bezogen auf die „gelebte Kernfamilie“ als Stiefvater den leiblichen Vater ersetzt habe, sei er als Angehöriger mit Anspruch auf „Schockschmerzengeld“ anzusehen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 28.04.2024, 21:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/ersatz-des-beim-stiefvater-aufgrund-des-unfalltods-des-stiefsohns-eingetretenen-schockschadens/)

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