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§ 32 Abs 5 GOG, der die Zuweisung der Verfahren wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§§ 201 ff StGB) an dieselbe Gerichtsabteilung regelt, ist ergänzungsbedürftig

 
 

Gesetzesänderung macht die genannte Bestimmung nachträglich lückenhaft.                                               .

§ 32 Abs 5 GOG (vgl auch § 26 Abs 6 GOG für dem Bezirksgericht zufallende Geschäfte) zielt darauf ab, dass mit Strafverfahren, die Sexualdelikte zum Gegenstand haben, gebündelt speziell geschulte Richter befasst werden, die über „besondere Kenntnisse und ausreichende Erfahrung im Umgang mit Sexualopfern“ verfügen sollen. Diese – mit BGBl I 1999/56 eingezogene – Bestimmung wurde zuletzt mit BGBl I 2004/15 geändert.

Mit BGBl I 2009/40 (Inkrafttreten am 1. Juni 2009) wurde § 107b StGB neu geschaffen, dessen Abs 4 zweiter Fall (vgl nunmehr Abs 3a Z 3 idF BGBl I 2019/105) auf die „wiederholte“ Begehung von „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Integrität“ abstellt. Seither können Taten, die – isoliert betrachtet – eine strafbare Handlung des 10. Abschnitts des StGB verwirklichen, diese gleichwohl dann nicht (iSd § 260 Abs 1 Z 2 StPO) „begründen“, wenn sie (aufgrund der dargestellten Scheinkonkurrenz) vom – seinerseits nicht im 10. Abschnitt des StGB angesiedelten – § 107b Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB verdrängt wird. An der Natur der einzelnen Tat (als gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gerichtet) ändert dies aber nichts.

Durch die Einführung des § 107b Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB ist somit eine nachträgliche planwidrige Lücke des § 32 Abs 5 GOG eingetreten, die – nach dessen Telos – im Wege der Analogie zu schließen ist. Demzufolge muss die Geschäftsverteilung eines Landesgerichts  die Zuweisung von Verfahren wegen strafbarer Handlungen nach § 107b Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB (nunmehr: § 107b Abs 3a Z 3 StGB idF BGBl I 2019/105) an dieselbe Gerichtsabteilung vorsehen, der die Verfahren wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§§ 201 ff StGB) zugewiesen werden.

Die Entscheidung enthält auch eingehende Ausführungen zur Erledigung einer Besetzungsrüge – nur ein willkürliches Vorgehen bei der Festlegung des zuständigen Gerichts könnte eine solche zum Erfolg führen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 26.04.2024, 17:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/%c2%a7-32-abs-5-gog-ergaenzungsbeduerftig/)

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