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Zum Anwendungsbereich eines Sozialplans

 
 

Im Zweifel darf den Parteien einer Betriebsvereinbarung unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen. Der bloße Hinweis in einem Sozialplan auf eine ungefähre Anzahl von Mitarbeitern, deren Dienstverhältnis beendet werden soll, führt nicht zur Begrenzung des Anwendungsbereichs des Sozialplans, wenn zugleich ausdrücklich ein zeitlicher Geltungsbereich geregelt ist.

Der Betriebsausschuss der Beklagten und die Beklagte vereinbarten einen Sozialplan zum Zweck des Ausgleichs bzw der Milderung allfällig auftretender sozialer Härten, die im Zuge der Restrukturierung und Neuorganisation des Werkes der Beklagten entstehen könnten. Die Präambel verwies auf die geplante Absenkung des Personalstandes von „rund 620 Mitarbeitern“. Nach Punkt 1 „Geltungsbereich“ des Sozialplans bezog sich dieser auf alle unbefristeten Dienstverträge, die durch einvernehmliche Auflösungen bis spätestens 31.5.2024 beendet werden, sowie auf alle Mitarbeiter, die eine Altersteilzeitvereinbarung auf Grundlage dieses Sozialplanes abschließen.
In der Folge wurden 632 Mitarbeiter abgebaut, denen Leistungen aus dem Sozialplan gewährt wurden. Die Klägerinnen wurden zum 31.1.2024 bzw 29.2.2024 betriebsbedingt gekündigt. Sie erhielten keine Leistungen aus dem Sozialplan.
Die Klägerinnen machen Ansprüche auf Basis des Sozialplanes geltend.
Die Beklagte bestreitet und bringt vor, das durch den Sozialplan gedeckte Abbauvolumen sei zum Zeitpunkt der Kündigung der Klägerinnen bereits erfüllt gewesen.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der Beklagten zurück. Dass der Sozialplan auch auf Fälle der Dienstgeberkündigung Anwendung findet, war im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Der normative Teil von Betriebsvereinbarungen ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Der Anwendungsbereich des Sozialplans ergibt sich im konkreten Fall aus dem insoweit eindeutigen Pkt 1 „Geltungsbereich“ und bezieht sich auf die Auflösung aller unbefristeten Dienstverträge bis spätestens 31.5.2024. Dass die Parteien der in der Präambel dargestellten Motivation für den Sozialplan, nämlich die sich aus dem geplanten Abbau von rund 620 Mitarbeitern ergebenden Nachteile abzumildern, die Bedeutung einer zahlenmäßigen Begrenzung für den Abbau zumessen wollten, überzeugt nicht. Insbesondere kann unter Zugrundelegung, dass sie eine vernünftige und zweckentsprechende Regelung treffen wollten, nicht unterstellt werden, dass für den Fall, dass betriebsbedingt im vorgesehenen Zeitraum der Abbau einer größeren Anzahl von Dienstnehmern als geplant erforderlich ist, nur ein Teil dieser Personen in den Genuss der Vorteile des Sozialplans kommen sollte.

Link zum Volltext im RIS erfolgt in Kürze

 
ogh.gv.at | 16.09.2025, 00:09
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zum-anwendungsbereich-eines-sozialplans/)

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