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Neues zur Rückforderung von überhöhten oder intransparenten Kreditbearbeitungsspesen im Individualprozess

 
 

Zu 2 Ob 52/25y erkannte der Oberste Gerichtshof ein Begehren auf Rückzahlung von Bearbeitungsspesen für einen Kredit als berechtigt und bejahte einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB:

Der Kläger nahm 2017 bei der beklagten Bank einen Kredit über 695.000 EUR auf. Im Kreditvertrag verpflichtete er sich zur Zahlung von „Bearbeitungsspesen“ von 20.850 EUR. Nach dem Kreditvertrag handelte es sich dabei um eine „einmalige, laufzeitunabhängige Abgeltung der Bearbeitung des Kreditantrags, der Bonitätsprüfung sowie der Erstellung der Kredit-/Darlehensunterlagen“, die auch im Fall der vorzeitigen Rückführung des Kredits nicht rückerstattet wird.

Die Vorinstanzen wiesen das auf Rückzahlung der entrichteten Bearbeitungsspesen gerichtete Klagebegehren übereinstimmend ab.

Der Oberste Gerichtshof verpflichtete hingegen die Bank zur Rückzahlung der vereinnahmten Bearbeitungsspesen.

Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie einen Teil gröblich benachteiligt. Der Oberste Gerichtshof gelangte zu 6 Ob 13/16d und 10 Ob 31/16f noch zum Ergebnis, dass Kreditbearbeitungsgebühren zur Hauptleistungspflicht gehören und daher nicht der Missbrauchskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen würden. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung unterliegen aber Zusatzentgelte, die nicht der Abgeltung einer nur im Einzelfall erforderlichen Mehrleistung dienen, sondern die Abgeltung einer im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung vorsehen, und das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen können, der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB. Auf dieser Grundlage unterliegt auch ein Kreditbearbeitungsentgelt der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB (ähnlich bereits 7 Ob 169/24i).

Bei einer Pauschalierung muss die Höhe des Entgelts nicht exakt mit dem tatsächlichen Aufwand korrelieren, eine Pauschalierung ist aber im Hinblick auf § 879 Abs 3 ABGB nur zulässig, solange die konkreten Kosten nicht „grob überschritten“ werden. Dieser Rechtsprechung liegt die Wertung zugrunde, dass die Verrechnung von zusätzlichen Entgelten, denen keine konkreten Zusatzleistungen oder konkreten Kosten gegenüberstehen, die also bloß eine in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „verschobene“ Entgeltverrechnung für ohnehin mit der Erfüllung der Hauptleistung üblicherweise verbundenen Aufwendungen darstellt, gröblich benachteiligend ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Klausel die Abgeltung von „Spesen“ in bestimmter Höhe vorsieht oder auf andere Weise erkennen lässt, dass sich der Vertragspartner zur Abgeltung eines konkreten Aufwands des Unternehmers verpflichten soll. In diesem Fall wird der Vertragspartner annehmen, dass die verrechneten Beträge nicht unverhältnismäßig höher sind als der tatsächliche Aufwand.

Ob eine grobe Überschreitung vorliegt, muss anhand des dem Kreditgeber tatsächlich entstehenden Kostenaufwands beurteilt werden. Der Personalaufwand kann dabei anhand marktüblicher Stundensätze abgeschätzt werden, sodass sich umfassende betriebswirtschaftliche Analysen erübrigen. Im vorliegenden Fall hat die Bank einen durchschnittlichen Zeitaufwand von 20 bis 23 Stunden behauptet, sodass – auch unter Berücksichtigung der Kosten für die verwendete Software – offenkundig ist, dass die vereinbarten Bearbeitungsspesen von 20.850 EUR den tatsächlichen Kostenaufwand grob überschreiten, was einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB bedeutet. Die Bank war daher zur Rückzahlung der vereinnahmten Bearbeitungsspesen zu verpflichten.

Zu 2 Ob 92/25f erkannte der Oberste Gerichtshof ein weiteres Begehren auf Rückzahlung von Bearbeitungsspesen für einen Kredit als berechtigt und bejahte für die dort verwendeten Klauseln unter Heranziehung von Vorjudikatur einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Link zum Volltext im RIS bez. 2 Ob 52/25y

Link zum Volltext im RIS bez. 2 Ob 92/25f

 

 
ogh.gv.at | 26.12.2025, 06:12
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/neues-zur-rueckforderung-von-ueberhoehten-oder-intransparenten-kreditbearbeitungsspesen-im-individualprozess/)

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