Die geköpften Kopfweiden
Schadenersatz für drei widerrechtliche gefällte Bäume durch Ersatzpflanzung
Die Klägerin begehrte von der beklagten Gemeinde Schadenersatz, weil diese eigenmächtig drei sogenannte Kopfweidenbäume habe fällen lassen, die sich am (allenfalls ersessenen) Grund der Klägerin befunden hätten. Dabei handelte es sich um Weidenbäume, die durch regelmäßigen Rückschnitt diesen besonderen Wuchs entwickeln, und die nach Ansicht der Klägerin Naturmonumente darstellten.
Die Beklagte bestritt den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach, weil die Bäume auf Gemeindegrund gestanden seien, und im Übrigen aufgrund ihres hohen Alters morsch und damit sowohl gefährlich als auch wertlos gewesen seien.
Die Grundstücke sind nicht im Grenzkataster erfasst und wurden nie vermessen, und der exakte Grenzverlauf konnte im Verfahren nicht festgestellt werden.
Der Oberste Gerichtshof stellte das Urteil des Erstgerichts wieder her, das der Klägerin gesamt 9.611,94 EUR an Kosten für eine Ersatzpflanzung zugesprochen hatte (der Holzwert betrug 300 EUR). Der Grund, auf dem sich die Bäume befanden, wurde nämlich jedenfalls ersessen, indem die Rechtsvorgänger der Klägerin dort vor über 80 Jahren die drei Weidenbäume in der Annahme pflanzten, Grundeigentümer zu sein. Auch in der Folge gerierten sich die Rechtsvorgänger und die Klägerin wie Alleineigentümer, indem sie die Bäume regelmäßig „auf Kopf“ zurückschnitten und das Holz zum Selchen verwendeten. Als im Jahr 1979 ein Wassergraben verlegt und dafür ein Baum gefällt werden musste, ersuchte die Gemeinde die Klägerin bzw deren Rechtsvorgänger um Erlaubnis und stellte das von diesen behauptete Eigentumsrecht nicht in Frage. Im Zeitpunkt der Fällung der Bäume war die Ersitzungszeit sohin längst abgelaufen. Es liegt sohin ein eigenmächtiger und schuldhafter Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin vor, der eine Schadenersatzpflicht auslöst.
Offensive Selbsthilfe, hier durch Fällen der Bäume, ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn staatliche Hilfe zu spät käme und die Grenzen des Angemessenen eingehalten werden. Die beklagte Gemeinde behauptete zwar, dass die Bäume morsch und eine Gefahr die Benutzer des angrenzenden Wegs dargestellt hätten, legte aber weder dar, warum nicht etwa ein fachgerechter Rückschnitt ausgereicht hätte, noch, warum der Anspruch nicht auf dem Rechtsweg durchgesetzt hätte werden können.
Ebensowenig erstattete die Beklagte substantiiertes Vorbringen, warum Naturalersatz durch die Pflanzung dreier zehnjähriger Bäume untunlich iSd § 1323 ABGB sei. Die Rechtsprechung bejahte bereits in der Vergangenheit Naturalrestitution durch Schaffung einer im Wesentlichen gleichartigen Ersatzlage mittels Wiederaufforstung, etwa durch pflanzfähige große Bäume. Das Interesse an einem Baum erschöpft sich auch nicht im Holzwert, sondern es können vielfältige Umstände eine Rolle spielen, wie Wind- und Sichtschutz, Schutz vor Bodenerosion und Hitze sowie Erhalt der Artenvielfalt und von Nützlingen.
Eine Minderung des Schadenersatzanspruchs nach den Grundsätzen „neu für alt“ wurde zwar bereits wegen einer längeren Nutzbarkeit von (wiederhergestellten) Sachen bejaht. Dies ist aber nicht zwingend; es kommt darauf an, ob die neue Sache dem Beschädigten tatsächlich mit Sicherheit eine längere Brauchbarkeit bietet als die beschädigte, gebrauchte Sache. Wirtschaftliche Vorteile durch die Ersatzpflanzung oder ersparte Aufwendungen wurden hier jedoch nicht dargelegt.