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Beweis der Unrichtigkeit des Eintrags des Geschlechts im Zentralen Personenstandsregister

 
 

Erwirkt eine Person eine Änderung des Eintrags ihres Geschlechts im Zentralen Personenstandsregister, steht dem Versicherungsträger im gerichtlichen Verfahren der Beweis der Unrichtigkeit der mit der Eintragung beurkundeten Tatsache, also der tatsächlichen Änderung des Geschlechts, offen.

Die klagende Partei, die im Jahr 1962 als Mann geboren wurde, erwirkte im März 2023 die Änderung des Eintrags ihres Geschlechts im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) von „männlich“ auf „weiblich“. In der Folge beantragte die klagende Partei noch im März 2023 die Gewährung einer Alterspension.
Die Pensionsversicherungsanstalt sprach die Pension nicht zu. Ungeachtet der Änderung der Eintragung im ZPR sei nicht von einer Geschlechtsänderung auszugehen, weil die klagende Partei sich keiner Psychotherapie, Hormontherapie oder operativen Geschlechtskorrektur unterzogen habe und auch sonst keine äußeren Zeichen der Zugehörigkeit zum anderen (weiblichen) Geschlecht zeige. Es sei daher anzunehmen, dass sich die klagende Partei zu keinem Zeitpunkt tatsächlich dem weiblichen Geschlecht zugehörig gefühlt habe, sondern das nur behaupte, um das im Vergleich zu Männern niedrigere Regelpensionsalter für weibliche Versicherte in Anspruch nehmen zu können.
Das Erstgericht ging vom (geänderten) Geschlechtseintrag im ZPR aus und gab der auf Gewährung der Alterspension gerichteten Klage statt.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Erstgericht zurück. Der beklagten Pensionsversicherungsanstalt stehe der Beweis der Unrichtigkeit der im ZPR erfolgten Änderung des Geschlechts(-eintrags) offen. Es sei daher zu prüfen, ob die von der Beklagten vorgetragenen Argumente, warum der Eintrag ihrer Ansicht nach unrichtig sei, zutreffen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Rechtsansicht. Eintragungen im ZPR dienen nur der Beurkundung, nicht aber dazu, verbindlich über den Personenstand (hier: das Geschlecht) abzusprechen. Einem Eintrag im ZPR kommt daher weder konstitutive Wirkung zu, noch entfaltet er Rechtskraftwirkungen. Die Gerichte sind demgemäß auch nicht an Entscheidungen gebunden, aufgrund derer die Änderung eines Eintrags im ZPR vorgenommen wird. Der Eintrag ist zwar eine öffentliche Urkunde. Allerdings kann in gerichtlichen Verfahren der Beweis der Unrichtigkeit der Urkunde angetreten werden. Die Beklagte kann daher den Nachweis der Unrichtigkeit der durch die Eintragung bezeugten Tatsache, also der (tatsächlichen) Änderung des Geschlechts, führen. Damit wird die (Änderung der) Eintragung im ZPR auch nicht bedeutungslos, weil sie solange gilt, bis ihre Unrichtigkeit bewiesen wurde. Der Pensionsversicherungsanstalt die Möglichkeit einzuräumen, diesen Beweis anzutreten, stellt auch keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.

Link zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 20.08.2025, 22:08
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/beweis-der-unrichtigkeit-des-eintrags-des-geschlechts-im-zentralen-personenstandsregister/)

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