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Auswirkungen der Nachlassinsolvenz auf das Verlassenschaftsverfahren

 
 

Der Oberste Gerichtshof stellt klar, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlass nicht zur Unterbrechung des gesamten, sondern nur der „massebezogenen“ Teile des Verlassenschaftsverfahrens führt. Ein „Massebezug“ liegt insbesondere dann vor, wenn Befugnisse des Insolvenzgerichts oder des Insolvenzverwalters berührt werden.

Die Vorinstanzen bestellten im Verlassenschaftsverfahren einen Verlassenschaftskurator, genehmigten dessen (beabsichtigte) Insolvenzantragstellung und wiesen einen Antrag auf Enthebung des Kurators ab. Gegen diese Entscheidungen erhoben Kinder des Erblassers Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof.

Nach Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof wurde über Antrag eines Gläubigers das Konkursverfahren über das Vermögen der Verlassenschaft (rechtskräftig) eröffnet.
Der Oberste Gerichtshof prüfte zunächst die Auswirkungen der Konkurseröffnung auf das Verlassenschaftsverfahren, weil über die Rechtsmittel nicht zu entscheiden wäre, wenn die Konkurseröffnung zu einer Unterbrechung des (gesamten) Verlassenschaftsverfahrens führen würde.

Der Oberste Gerichtshof betonte, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlass nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Bestimmungen ex lege zur Unterbrechung auch des Verlassenschaftsverfahrens führt. Der – in der Literatur umstrittene – Umfang der Unterbrechung hat sich aber am Zweck der Unterbrechung zu orientieren, der einerseits in der Absicherung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des ökonomischen, prozessvermeidenden insolvenzrechtlichen Anmeldungs- und Prüfungsverfahrens und andererseits generell im Schutz der Masse vor Rechtsnachteilen liegt. Die Unterbrechung erfasst daher nicht jene Bereiche des Verlassenschaftsverfahrens, die allein schuldnerische Belange betreffen. Darunter sind insbesondere die Vertretung der Verlassenschaft gegenüber dem Konkursgericht und dem Masseverwalter und die damit zusammenhängenden oder auch vorgelagerten – etwa den Erbrechtsausweis nach § 810 ABGB betreffenden – Fragen zu verstehen, ebenso das für die Insolvenz irrelevante Verfahren über das Erbrecht, nicht aber die mit der Ermittlung der Masse zusammenhängenden Verfahrenshandlungen oder die in die Befugnisse des Insolvenzgerichts eingreifende Einantwortung.

Da weder die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung der Konkursantragstellung noch die Bestellung oder Enthebung des Verlassenschaftskurators Einfluss auf den Bestand der Sollinsolvenzmasse hatten und letztlich nur die Vertretung der Verlassenschaft als Insolvenzschuldnerin (auch) gegenüber dem Insolvenzgericht betrafen, entschied der Oberste Gerichtshof über die ihm vorgelegten Rechtsmittel mangels insoweit erfolgter Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens.

Link zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 30.12.2025, 12:12
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/auswirkungen-der-nachlassinsolvenz-auf-das-verlassenschaftsverfahren/)

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