Vorabentscheidungsersuchen zu Art 11 Abs 1 und Art 13 Abs 2 der EuGVVO
Der im Sprengel des Erstgerichts wohnhafte Kläger war auf einer kroatischen Autobahn in einen Verkehrsunfall mit einem in Slowenien zugelassenen, zum Unfallszeitpunkt aber nicht haftpflichtversicherten Fahrzeug verwickelt. Das Fahrzeug des Klägers wurde dabei beschädigt.
Der Kläger begehrt Schadenersatz von der slowenischen Entschädigungsstelle (Garantiefonds). Der Garantiefonds habe dem Kläger als bei einem Verkehrsunfall Geschädigten nach den einschlägigen europarechtlichen Vorschriften Schadenersatz zu leisten, weil das Fahrzeug des Unfallgegners nicht haftpflichtversichert gewesen sei und daher die Ansprüche nicht gegen eine (an sich obligatorische) Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden könnten.
Der Kläger stützt die Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts Salzburg auf den Klägergerichtsstand in Versicherungssachen nach Art 13 Abs 2 iVm Art 11 Abs 1 lit b der Verordnung (EU) Nr 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).
Die Beklagte wendet die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, weil sie kein Versicherungsunternehmen betreibe.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit der österreichischen Gerichte zurück. Die beklagte slowenische Entschädigungsstelle sei kein „Versicherer“ iSd Art 11 Abs 1 und Art 13 Abs 2 EuGVVO. Außerdem stehe dem Kläger ohnehin die Möglichkeit offen, seine Ansprüche gegen die Entschädigungsstelle in seinem Wohnsitzmitgliedsstaat geltend zu machen.
Der vom Kläger angerufene Oberste Gerichtshof legte dem Gerichtshof der Europäischen Union zur genannten Verordnung folgende Fragen vor:
1. Ist Versicherer im Sinn von Art 11 Abs 1 und Art 13 Abs 2 der Verordnung (EU) Nr 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) auch eine Entschädigungsstelle im Sinn des Art 10 Abs 1 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (konsolidierte Fassung), die als Garantiefonds jenes Mitgliedsstaats, in dem ein nicht versichertes Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat, aufgrund eines durch dieses Fahrzeug in einem anderen Mitgliedsstaat verursachten Sachschadens in Anspruch genommen wird ?
2. Im Fall der Bejahung von Frage 1:
Genügt es für die Inanspruchnahme der besonderen Zuständigkeit nach Art 11 Abs 1 und Art 13 Abs 2 der Verordnung (EU) Nr 1215/2012 bei einer Klage gegen eine Entschädigungsstelle im Sinn des Art 10 Abs 1 der Richtlinie 2009/103/EG, dass der Kläger das Bestehen eines Direktanspruchs gegen die Entschädigungsstelle behauptet und diese die Zulässigkeit einer Direktklage nicht bestreitet?