Zur Zweckmäßigkeit einer Zahnbehandlung
Einen gesunden Zahn und ein funktionsfähiges Implantat muss man sich nicht entfernen lassen, nur um die kostengünstige Behandlung zu gewährleisten.
Der Kläger ließ sich vier Implantate setzen und begehrte dafür die Übernahme der Kosten von der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen. Eine Versorgung mit einem abnehmbaren Zahnersatz (schleimhautgetragene Totalprothese) im Unterkiefer wäre prinzipiell möglich, würde allerdings die funktionelle Stilllegung einer intakten Implantatversorgung und die Entfernung eines Zahns bedeuten, was medizinisch nicht indiziert ist. Als medizinisch indizierte Minimalvariante ist eine herausnehmbare Teilprothese mit Verankerung auf einem bestehenden Implantat sowie zwei zusätzlichen Implantaten und einem Aufleger anzusehen.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Kostenersatz für einen festsitzenden Zahnersatz stehe nur zu, wenn ein abnehmbarer Zahnersatz aus medizinischen Gründen nicht möglich sei.
Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und hielt fest:
Bei mehreren gleichermaßen zweckmäßigen Behandlungsmethoden ist jeweils diejenige zu wählen, welche die geringsten Kosten verursacht bzw bei der die Relation der Kosten zum Nutzen (Heilerfolg) am Günstigsten ist. Die Zweckmäßigkeit einer Krankenbehandlung darf aber nicht allein nach ökonomischen Gesichtspunkten beurteilt werden. Vielmehr ist auch das Ausmaß der Betroffenheit des Patienten im Einzelfall zu berücksichtigen. Bei im Wesentlichen wirkungsgleichen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren ist jedoch das billigere zu wählen.
Diesen Grundsätzen wird die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht gerecht. Um die kostengünstigste Versorgung mit einer schleimhautgetragenen Totalprothese zu gewährleisten, müsste sich der Kläger einen gesunden Zahn und ein funktionsfähiges Implantat entfernen lassen. Die Entfernung des gesunden Zahns und des funktionsfähigen Implantats ist medizinisch auch nicht indiziert.
Aus den bisher getroffenen Feststellungen ergibt sich aber nicht, ob sich die nach der „Minimalvariante“ zu setzenden zwei Implantate mit denen, die tatsächlich gesetzt wurden, decken, also ob zwei der tatsächlich gesetzten Implantate dafür verwendbar wären und dafür jedenfalls ein Kostenersatz zustünde.