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Ausschluss von Geschlechtsumwandlungen in der privaten Krankenversicherung verstößt gegen das Diskriminierungsverbot

 
 

Der Risikoausschluss diskriminiert transgender und intersexuelle Personen wegen ihres weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts, weil sie dieser Personengruppe die Möglichkeit nimmt, eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung mit Kostendeckung des Versicherers durchzuführen. Die Klausel verstößt daher gegen § 1c VersVG in Verbindung mit § 32 Abs 2 GlBG.

Der Kläger ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.
Die Beklagte betreibt das Versicherungsgeschäft und schließt als Unternehmerin regelmäßig mit Verbrauchern Versicherungsverträge ab. Die Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Krankenkosten- und Krankenhaustagegeldversicherung nehmen unter anderem Geschlechtsumwandungen vom Versicherungsschutz aus.

Der Kläger begehrt, die Beklagte sei schuldig, die Verwendung der Klausel oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen sowie sich darauf zu berufen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab der Klage statt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten keine Folge: Die Klausel nimmt an versicherten Personen vorgenommene Geschlechtsumwandlungen generell, also auch bei Vorliegen von Krankheitswert und medizinischer Behandlungsnotwendigkeit, vom Versicherungsschutz aus. Vordergründig schließt sie jeden Versicherten von der Versicherungsleistung aus. In Wahrheit bedeutet sie jedoch eine geschlechtliche Diskriminierung von intersexuellen und transgender Personen, weil eine Geschlechtsumwandlung nur bei dieser (dritten) Personengruppe infrage kommt. Bei Personen, deren äußere Geschlechtsmerkmale dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht eindeutig zuordenbar sind und bei denen die Geschlechtsidentität mit dem ihnen bei der Geburt zugeordneten Geschlecht übereinstimmt, wird der Versicherungsfall Geschlechtsumwandlung nämlich nicht zum Tragen kommen. Das Kernargument der Beklagten, der Ausschluss betreffe sowohl Umwandlungen von Mann zu Frau als auch von Frau zu Mann und behandle daher alle Versicherten gleich, ist nicht zutreffend. Vielmehr diskriminiert die inkriminierte Klausel transgender und intersexuelle Personen wegen ihres weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts, weil sie dieser Personengruppe die Möglichkeit nimmt, eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung mit Kostendeckung der Beklagten durchzuführen. Die Klausel verstößt daher gegen § 1c VersVG in Verbindung mit § 32 Abs 2 GlBG. Dass die Klausel durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sei und das Mittel (Risikoausschluss) zur Erreichung dieses Ziels angemessen oder erforderlich sei, hat die Beklagte weder behauptet noch ist eine solche nicht offenkundig. Die inkriminierte Klausel ist daher wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Gebot unwirksam.

Link zum Volltext im RIS erfolgt in Kürze

 
ogh.gv.at | 17.08.2025, 03:08
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/ausschluss-von-geschlechtsumwandlungen-in-der-privaten-krankenversicherung-verstoesst-gegen-das-diskriminierungsverbot/)

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