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Haftung von Sachverständigen gegenüber Dritten

 
 

Der Oberste Gerichtshof hat in einem Aufhebungsbeschluss zu den Voraussetzungen für die Haftung einer Unternehmensberaterin gegenüber einer Anlegerin Stellung genommen.

Die Klägerin zeichnete im Jahr 2017 Anleihen einer Aktiengesellschaft, über deren Vermögen in der Folge das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die beklagte Unternehmensberaterin war nicht in die Begebung der Anleihen involviert. Sie war allerdings im Vorfeld von der Muttergesellschaft der Emittentin mit gutachterlichen Stellungnahmen beauftragt worden, unter anderem zum Wert einer zuvor erworbenen und nach Einlangen der Expertise der Beklagten in Form einer Sacheinlage in die Emittentin eingebrachten Marke, aber auch zur „Unterstützung bei der Überschuldungsprüfung“ des Konzerns. Der Klägerin waren diese Gutachten bei Vornahme ihres Investments nicht bekannt.
Sie begehrte nunmehr den Ersatz ihres Vermögensschadens aus dem Erwerb der Anleihe. In den wissentlich unrichtig, jedenfalls aber nicht lege artis erstellten Gutachten der Beklagten sei der Markenwert – zum Zweck der Schaffung „künstlichen“ Eigenkapitals in der Bilanz der Emittentin – weit überhöht dargestellt und die tatsächlich bereits gegebene Überschuldung im Konzern negiert worden. Die Beklagte habe dabei in Kauf genommen, potentielle zukünftige Anleger der Emittentin zu schädigen. Auch habe die Beklagte bewusst zur Verletzung der Insolvenzantragspflicht beigetragen. In Kenntnis der wahren Sachlage hätte sie die Anleihen nicht erworben.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin ihren Investitionsentschluss gerade nicht im konkreten Vertrauen auf die Gutachten der Beklagten getroffen habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin folge und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Eine Haftung des Sachverständigen gegenüber einem Dritten wegen fahrlässig falsch erstellter Gutachten setze zwar in der Tat eine erkennbar drittgerichtete Erklärung voraus, auf die der Dritte nicht nur vertrauen durfte, sondern auch tatsächlich vertraut hat. Die Klägerin habe sich im Verfahren jedoch auch auf eine Haftung wegen vorsätzlicher Schädigung (§ 1295 Abs 2, § 1300 Satz 2 ABGB) sowie wegen vorsätzlicher Beteiligung an der Verschleppung der Insolvenz nach § 69 IO gestützt. Die Haftung auf diesen Grundlagen setze keine im konkreten Vertrauen auf die erstellten Gutachten getätigte Vermögensdisposition des Geschädigten voraus. Es reiche vielmehr aus, dass das inkriminierte Verhalten auf irgendeine Weise kausal für den Eintritt des Schadens gewesen sei. Dazu seien bisher ebenso wenig wie zu den Fehlverhaltensvorwürfen Feststellungen getroffen worden.

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ogh.gv.at | 03.07.2025, 11:07
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/haftung-von-sachverstaendigen-gegenueber-dritten/)

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