Voraussetzungen eines Umgehungsgeschäfts
Der Verkauf einer Liegenschaft an eine Gesellschaft, die selbst nicht unter das Tiroler Grundverkehrsgesetz (TirGVG) fällt, ist nicht schon deshalb als Umgehung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht zu qualifizieren, weil die Käuferin ihrerseits einem ukrainischen Staatsangehörigen aufgrund einer Treuhandabrede eine eigentümerähnliche Stellung einräumen könnte.
Die Klägerin verkaufte im Jahr 2022 eine bebaute Liegenschaft in Tirol. Als Käufer trat das beklagten Unternehmen mit Sitz in Österreich auf, das wirtschaftlich überwiegend in der Hand von EU-Bürgern ist und nicht dem TirGVG unterliegt. Im Vorfeld des Liegenschaftskaufs war dieses jedoch mit einem ukrainische Staatsangehörigen darin übereingekommen, dass es als Treuhänder für eines seiner Unternehmen fungieren sollte, zumal jenem ein Eigentumserwerb grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt werden würde. Der Kauf sollte auf Rechnung des Unternehmens des ukrainischen Staatsangehörigen erfolgen, das mit der Liegenschaft wie ein Eigentümer verfügen können sollte. Diese interne Treuhandvereinbarung wurde gegenüber der Verkäuferin bei Abschluss des Kaufvertrags nicht offengelegt.
Die Verkäuferin begehrte von der beklagten Gesellschaft und ihrer Komplementärin die Zahlung des Kaufpreises (samt der – von ihr vorab geleisteten – Grunderwerbsteuer und gerichtlichen Eintragungsgebühr).
Die Beklagten wandten ein, der Kaufvertrag über die Liegenschaft sei in einem „Strohmanngeschäft“ für den ukrainischen Staatsangehörigen (bzw eine von ihm beherrschte Gesellschaft) als wahren Käufer abgeschlossen worden, weshalb ein – mangels Zustimmung der Grundverkehrsbehörde unwirksames – Umgehungsgeschäft vorliege.
Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.
Der Oberste Gerichtshof wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten zurück.
Nach bereits seit langem verfestigter Rechtsprechung genüge für die Annahme eines Umgehungsgeschäfts, dass das Geschäft objektiv den Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt; auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Parteien komme es nicht an. Entscheidend ist immer nur, ob sie ihre Rechtsverhältnisse so gestalten, dass sie den vom Gesetz verpönten Erfolg (weitgehend) erreichen. Zu erforschen sei folglich, ob der ausschließliche oder hauptsächliche Zweck der konkret getroffenen Vereinbarung darin liege, ein bestimmtes – nach der gesetzgeberischen Intention nicht gewünschtes und folglich mit einem gesetzlichen Verbot belegtes – Ergebnis zu erzielen. Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen bedürfe die Auffassung der Vorinstanzen keiner Korrektur, dass in der vorliegenden Konstellation, in der es die Klägerin gerade nicht darauf anlegte, einem anderen als ihrem Vertragspartner (wirtschaftliches) Eigentum an der Liegenschaft zu verschaffen, und sie mangels Offenlegung der Treuhandabrede auch keine gegenteiligen Anhaltspunkte hatte, ein Umgehungsgeschäft nicht anzunehmen ist. Bei Durchführung des Rechtsgeschäfts würde auch nicht der Normzweck der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht vereitelt, verschaffe doch der Kaufvertrag selbst lediglich der beklagten Gesellschaft Verfügungsmacht über die Liegenschaft. Damit sei dieser grundverkehrsrechtlich unproblematisch. Der bloße Umstand, dass die Gesellschaft als Liegenschaftseigentümerin künftig ihrerseits entgegen den grundverkehrsgesetzlichen Vorgaben einem Drittstaatsangehörigen eigentümerähnliche Stellung an der Liegenschaft einräumen könnte, indem sie die geschlossene Treuhandvereinbarung in die Tat umsetzte, mache die Liegenschaftstransaktion zwischen den Streitteilen nicht selbst zu einem Umgehungsgeschäft. Von einer „willkürlichen Aufspaltung“ in einen wirksamen Kaufvertrag und eine (schwebend) unwirksame Treuhandvereinbarung könne schon deshalb keine Rede sein, weil die beiden Rechtsgeschäfte zwischen jeweils unterschiedlichen Personen abgeschlossen worden seien.