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  • Justizpalast in Wien, Gerichtssaal
  • Illustration: Aktenmappe
 
 

Verfahren

Der Oberste Gerichtshof führt als oberste Instanz in Zivilsachen und in Strafsachen insbesondere die folgenden Verfahren. Sie dienen der Kontrolle angefochtener Entscheidungen. In Strafsachen ermöglicht die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, die nur die Generalprokuratur erheben kann, auch eine gesonderte Prüfung auf Verfahrensfehler. Informationen zum Verfahrensablauf finden sich auch bei den allgemeinen Fragen (FAQ).

 
 

Zivilsachen

Der Oberste Gerichtshof überprüft Urteile und Beschlüsse der Gerichte zweiter Instanz (Oberlandesgerichte und Landesgerichte)

Je nachdem, ob es sich bei der angefochtenen Entscheidung um ein Urteil oder einen Beschluss handelt, heißt das Rechtsmittel Revision oder Revisionsrekurs.

Der Oberste Gerichtshof überprüft die angefochtene Entscheidung auf Verfahrensfehler und auf ihre rechtliche Beurteilung. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen werden dem Gesetz entsprechend vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft.

Nicht alle Rechtssachen können an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden: Voraussetzung für die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist in der Regel das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, also einer Frage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

Darüber hinaus bestehen in vielen Fällen Einschränkungen aufgrund des Streitwerts oder der Art der betreffenden Materie. So sind Revisionen und Revisionsrekurse in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bei Streitwerten bis zu 5.000 Euro in der Regel nicht zulässig. Revisionsrekurse sind ausgeschlossen bei Kostenentscheidungen, bei Entscheidungen über die Verfahrenshilfe, über Sachverständigengebühren und in Besitzstörungsverfahren.

Ausnahmsweise entscheidet der Oberste Gerichtshof in erster und letzter Instanz, nämlich über Klagen auf Aufhebung einer im schiedsgerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidung und über bestimmte andere Angelegenheiten im Zusammenhang mit Schiedsverfahren (zB über die Befangenheit von Schiedsrichtern).

Zu einer öffentlichen Verhandlung in Zivilsachen kommt es nur in besonderen Ausnahmefällen (FAQ).

Der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht

Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht können beim Obersten Gerichthof angefochten werden.


Strafsachen

Entscheidung über Nichtigkeitsbeschwerden und damit verbundene Berufungen

Gegen Urteile von Schöffengerichten und von Geschworenengerichten kann Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben werden. Diese Möglichkeit steht sowohl der/dem Angeklagten als auch der/dem Staatsanwältin/Staatsanwalt offen. Die/Der Angeklagte kann das Urteil nur zu ihrem/seinem Vorteil anfechten, die/der Staatsanwältin/Staatsanwalt hingegen zum Vorteil wie auch zum Nachteil der/des Angeklagten (für die/den Staatsanwältin/Staatsanwalt gilt das Objektivitätsgebot).

Mit Nichtigkeitsbeschwerde kann eingewendet werden, dass bei der Hauptverhandlung bestimmte Fehler passiert seien oder dass das Urteil an bestimmten Fehlern leide. Fehler der Hauptverhandlung sind zum Beispiel ungerechtfertigter Ausschluss der Öffentlichkeit oder Ablehnung berechtigter Beweisanträge. Fehler des Urteils sind zum Beispiel mangelhafte Berücksichtigung aufgenommener Beweise oder unrichtige rechtliche Beurteilung. Ziel der Nichtigkeitsbeschwerde ist die Aufhebung des Urteils (zur Gänze oder im betroffenen Teil) und je nach eingewendetem Fehler entweder Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof in der Sache (zum Beispiel bei unrichtiger rechtlicher Beurteilung durch das Erstgericht) oder Verweisung der Strafsache an ein Gericht erster Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung (zum Beispiel bei fehlerhafter Hauptverhandlung).

Mit Berufung können vor allem Strafart (Freiheits- oder Geldstrafe), Strafausmaß und bedingte Nachsicht der Strafe thematisiert werden, also Ermessensfragen im Bereich der Sanktion. Ein weiterer wichtiger Berufungspunkt betrifft den Ausspruch des Erstgerichts über die Ansprüche der Opfer, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben.

Die Kompetenz zur Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof. Er entscheidet nach Abgabe einer Stellungnahme der Generalprokuratur in nicht öffentlicher Sitzung oder in öffentlicher Verhandlung. Wird in einer Strafsache neben einer Nichtigkeitsbeschwerde auch Berufung erhoben, so wird dem Obersten Gerichtshof auch diese vorgelegt. Über die Berufung entscheidet das Höchstgericht aber nur, wenn es die Nichtigkeitsbeschwerde in öffentlicher Verhandlung verwirft. Gibt es hingegen der Nichtigkeitsbeschwerde Folge, ist die Berufung derselben Partei (Angeklagter oder Staatsanwalt) hinfällig. Weist es die Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung zurück, so hat über die Berufung ein Oberlandesgericht zu entscheiden.

Entscheidung über Nichtigkeitsbeschwerden zur Wahrung des Gesetzes

Die Generalprokuratur kann rechtliche Fehler von Richter/inne/n in Strafsachen mit Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes beim Obersten Gerichtshof geltend machen. Fehler bei der Führung des Verfahrens können ebenso beanstandet werden wie Fehler in Entscheidungen.

Der Oberste Gerichtshof entscheidet darüber in öffentlicher Verhandlung. Findet er, dass das Gesetz verletzt wurde, stellt er dies in seinem Urteil fest. Dies dient der Klarheit und Einheitlichkeit der Rechtsanwendung.

War mit der Gesetzesverletzung ein Nachteil für die/den Angeklagte/n verbunden, beseitigt das Höchstgericht den Nachteil, zum Beispiel durch Aufhebung der fehlerhaften Entscheidung und Anordnung eines neuen Verfahrens.

Entscheidung über Grundrechtsbeschwerden

Die/Der Beschuldigte kann beim Obersten Gerichtshof geltend machen, dass sie/er durch gesetzwidrige Anordnung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei. Der Oberste Gerichtshof überprüft dann die beanstandete Haftentscheidung des Oberlandesgerichts und hebt sie erforderlichenfalls auf. Die/Der Beschuldigte kann auch vorbringen, dass er zu spät enthaftet worden sei. Auch dies wird vom Höchstgericht nachgeprüft.

Entscheidung über Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO)

Angeklagte und Dritte können auch ohne vorheriges Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Verletzungen von Grund- und Menschenrechten durch eine Entscheidung oder Verfügung eines untergeordneten Strafgerichts im Weg eines auf § 363a StPO gestützten Antrags beim Obersten Gerichtshof geltend machen, wenn sie im Instanzenzug keine Abhilfe gefunden haben.

 
ogh.gv.at | 19.03.2024, 08:03
(https://www.ogh.gv.at/der-oberste-gerichtshof/verfahren/)

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