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Aliquotierung einer Kinderzulage

 
 

Der Oberste Gerichtshof hat Zweifel, ob die Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes angemessen bzw die Aliquotierung der Leistung sachlich gerechtfertigt ist.

Nach den Bestimmungen des hier anzuwendenden Kollektivvertrags haben Arbeitnehmer, die Anspruch auf die gesetzliche Familienbeihilfe haben, auch einen Anspruch auf eine vom Arbeitgeber gezahlte Kinderzulage. Diese Kinderzulage, die zu den „Sozialzulagen“ des Kollektivvertrags gehört, soll die Unterhaltslasten der arbeitenden Eltern teilweise ausgleichen. Sie ist daher eine Sozialleistung des Arbeitgebers im Sinn eines Zuschlags zur Familienbeihilfe. Teilzeitbeschäftigte Angestellte erhalten die Kinderzulage nicht im vollem Ausmaß, sondern lediglich aliquotiert im Verhältnis des Ausmaßes ihrer Arbeitszeit.

Nach der EU-Richtlinie über Teilzeitarbeit (Richtlinie 97/81/EG) dürfen Teilzeitbeschäftigte gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, außer dies ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Ist der „Pro-rata-temporis-Grundsatz“ (die Leistung des Arbeitgebers wird nach dem Ausmaß der Arbeitszeit berechnet) angemessen, so stellt dies eine besondere Rechtfertigung dar.

Der Oberste Gerichtshof hat Zweifel, ob bei einer Sozialleistung des Arbeitgebers, die ähnliche Ziele wie die gesetzliche Familienbeihilfe verfolgt, die Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes angemessen bzw die Aliquotierung der Leistung sachlich gerechtfertigt ist. Aus diesem Grund legte er dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende (hier gekürzte) Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Ist der Pro-rata-temporis-Grundsatz auf eine in einem Kollektivvertrag normierte Kinderzulage, bei der es sich um eine Sozialleistung des Arbeitgebers zum teilweisen Ausgleich der finanziellen Unterhaltslasten der Eltern handelt, anzuwenden?

2. Wenn Frage 1 verneint wird:
Ist eine Ungleichbehandlung der Teilzeitbeschäftigten durch aliquote Minderung des Anspruchs auf Kinderzulage unter der Annahme sachlich gerechtfertigt, dass ein Aliquotierungsverbot

a) Teilzeitbeschäftigungen in Form der Elternteilzeit und/oder geringfügige Beschäftigungen während eines Elternkarenzurlaubs erschwert oder unmöglich macht und/oder
b) zu Wettbewerbsverzerrungen durch höhere finanzielle Belastungen der Arbeitgeber mit einer größeren Anzahl von Teilzeitbeschäftigten sowie zu einer Verringerung der Bereitschaft der Arbeitgeber zur Aufnahme von Teilzeitbeschäftigten führt und/oder
c) zur Begünstigung von Teilzeitbeschäftigten führt, die weitere Arbeitsverhältnisse in Teilzeitarbeit aufweisen und mehrfachen Anspruch auf eine kollektivvertragliche Leistung wie die Kinderzulage haben und/oder
d) zur Begünstigung von Teilzeitbeschäftigten führt, weil diese über mehr arbeitsfreie Zeit als Vollzeitbeschäftigte und daher über bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten verfügen?

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 29.03.2024, 11:03
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/vorabentscheidungsersuchen-eugh/aliquotierung-einer-kinderzulage/)

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