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Rückersatz von Ausbildungskosten

 
 

Die Rückzahlung von Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer bei frühzeitiger Beendigung eines Arbeitsverhältnisses setzt eine „erfolgreich absolvierte“ Ausbildung voraus. Ist dafür keine Qualifikationsprüfung vorgesehen, kommt es für den Ausbildungserfolg darauf an, dass dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Wissen und bestimmte Fähigkeiten (Know How) so vermittelt wurden, dass er darüber verfügen und sie einsetzen kann.

Die Klägerin, ein Frisörlehrling, nahm bei ihrer Arbeitgeberin, der Beklagten, an einer viertägigen Schulung für Nageldesign und Wimpernverlängerung teil. In einer Vereinbarung hatte sich die Klägerin dazu verpflichtet, der Beklagten die diesbezüglichen Ausbildungskosten anteilig zurückzuzahlen, wenn das Dienstverhältnis innerhalb von drei Jahren ende. In der Folge kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf von drei Jahren auf.

Im Prozess der Parteien über offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis stand die Klägerin auf dem Standpunkt, dass sie ohne Ablegung einer Prüfung und ohne Erhalt eines Zeugnisses keine Ausbildungskosten zu ersetzen habe.

Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, dass nach dem Gesetz Ausbildungskosten die vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene „erfolgreich absolvierte Ausbildung“ sind, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann. Für die Frage, ob Ausbildungskosten vorliegen, ist daher ausschlaggebend, ob der Arbeitnehmer durch die ihm vermittelten Kenntnisse einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, weil seine Fähigkeiten zunehmen und seine Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt steigen. Gemessen an dieser Wertung muss es für den Ausbildungserfolg daher darauf ankommen, dass dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Wissen und bestimmte Fähigkeiten (Know How) so vermittelt wurden, dass er darüber verfügen und sie einsetzen kann. Werden das Wissen und die Fähigkeiten am Ausbildungsende einer Prüfung unterzogen, so ist für die Beurteilung des Ausbildungserfolges gewöhnlich das positive Absolvieren der Prüfung maßgeblich.

Ist eine solche Prüfung nicht vorgesehen, kann der Erfolg einer Ausbildungsleistung auch nur an den neu erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten des auszubildenden Mitarbeiters gemessen werden. Dass der Auszubildende danach nicht von Beginn an völlig mängelfrei arbeitet und noch nicht die gleichen Fertigkeiten haben muss wie ein Mitarbeiter, der seit längerem mit der entsprechenden Aufgabe befasst ist, schadet nicht, weil auch eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung den Wert von Routine und Erfahrung nicht ersetzt. Schließt eine Ausbildung nicht mit einer Prüfung ab, kann sie also trotzdem „erfolgreich absolviert“ worden sein. Ob die Ausbildung dabei extern oder firmenintern angeboten wird, macht keinen Unterschied.

Der Auffassung der Beklagten, mit den Ausbildungskosten aufrechnen zu dürfen, weil eine „im rechtlichen Zusammenhang stehende Gegenforderung“ vom gesetzlichen Aufrechnungsverbot ausgenommen sei, folgte der Oberste Gerichtshof ebenfalls nicht. Der geforderte rechtliche Zusammenhang wird nicht schon mit dem Dienstverhältnis begründet; ein anderer Zusammenhang lag zwischen dem Lohnanspruch der Klägerin und dem Rückerstattungsanspruch der Beklagten nicht vor.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 29.03.2024, 10:03
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/rueckersatz-von-ausbildungskosten/)

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