Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Eine Ankündigung, die sexuelle Orientierung des Opfers preiszugeben, begründet keine gefährliche Drohung

 
 

Die Einstellung der Gesellschaft zur Homosexualität hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt.

Dass die Bekanntgabe der sexuellen Orientierung durch einen Dritten einen Eingriff in höchstpersönliche Rechte mit sich bringt, kann nicht bestritten werden. Damit ist aber – wie auch bei der Offenbarung sonstiger persönlicher Lebensumstände (wie etwa eines religiösen Bekenntnisses oder des Fehlens eines solchen) – keine Ehrverletzung verbunden. Die Ankündigung der Aufdeckung einer bestimmten sexuellen Orientierung allein kann daher nicht als Drohmittel fungieren, mag diese auch im unmittelbaren sozialen Naheverhältnis einer Person als unerwünscht eingestuft werden.

Allenfalls kann dahinter die Androhung einer Verletzung am Vermögen stehen, wenn – vom Vorsatz des damit Drohenden umfasst – die Veröffentlichung dieser persönlichen Lebensumstände zu beruflichen oder sonstigen Konsequenzen führt, die mit einer Vermögens- oder Einkommenseinbuße einhergehen.

Prostitution als rechtlich erlaubtes, gleichwohl ehrenrühriges Verhalten

Die Entscheidung enthält noch eine weitere Aussage: Die Ausübung der Prostitution unterliegt erheblichen Einschränkungen, um „Schutzobjekte“ vor einem Kontakt mit Prostituierten und deren Freiern zu schützen. Solcherart zeigt sich, dass diese Berufsausübung geeignet ist, die Sexualarbeit verrichtende Person in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Der Vorwurf einer solchen Tätigkeit ist demnach ehrenrührig und somit taugliches Drohmittel.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 20.04.2024, 12:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/eine-ankuendigung-die-sexuelle-orientierung-des-opfers-preiszugeben-begruendet-keine-gefaehrliche-drohung/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710