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Anspruchs- und Bemessungskriterien für Heiratsgut

 
 

Die Antragstellerin begehrte von der Antragsgegnerin, ihrer Mutter, die Leistung eines Heiratsguts in Höhe von über 300.000 Euro.

Das Erstgericht erkannte einen Betrag von 80.000 Euro zu, das Rekursgericht erhöhte auf 160.000 Euro.

Der Oberste Gerichtshof wies den Dotationsanspruch zur Gänze ab und statuierte folgende Rechtssätze:

1. Bei der Ausmessung des Heiratsguts sind auch vom Antragsgegner erworbene Erbansprüche angemessen zu berücksichtigen.

2. Handelt es sich um „freies“ Vermögen im Sinne von Ersparnissen im weitesten Sinn und nicht um solche Werte, die der Dotationspflichtige in angemessener Weise selbst für seine Lebensgestaltung nutzt, so sind tatsächliche oder fiktive Erträgnisse dieses Vermögens auch als Grundlage für die Bemessung des Dotationsanspruchs heranzuziehen. Ausgehend von der derzeitigen Wirtschaftslage ist der Schluss berechtigt, dass aus Kapitalvermögen, aber auch aus Liegenschaftsvermögen – bei letzterem schon unter Berücksichtigung auch einer durchschnittlichen Wertsteigerung – ein jährlicher Vermögenszuwachs von etwa 5 % erzielbar ist. Im Gleichklang mit den Prozentsätzen, die zum Dotationsanspruch beim jährlichen Erwerbseinkommen entwickelt wurden, hat ein Dotationspflichtiger grundsätzlich auch 25 bis 30 % des jährlichen (fiktiven) Vermögenszuwachses als Heiratsgut zur Verfügung zu stellen. Bei außergewöhnlich guten Vermögensverhältnissen des Dotationspflichtigen (insbesondere wenn er nur geringes Einkommen erzielt) kann eine Erhöhung dieses Prozentsatzes durchaus der Billigkeit entsprechen, eine 100 % des jährlichen Vermögenszuwachses übersteigende Dotierung hat aber jedenfalls nicht stattzufinden.

3. Das Heiratsgut soll (bloß) eine – den Lebensverhältnissen des Dotationspflichtigen entsprechende – angemessene Starthilfe für die Begründung eines eigenen Haushalts sein. Typischerweise dient das Heiratsgut zur (teilweisen) Abdeckung der Kosten für die Schaffung einer Wohnmöglichkeit, wobei zu berücksichtigen ist, dass auch der andere Ehegatte zu den Kosten der Hausstandsgründung beizutragen hat. Zumal ein Anspruch auf Ausstattung nicht besteht, wenn das Kind selbst ausreichendes eigenes Vermögen hat, ist das Eigenvermögen mindernd bei der Bemessung des Ausstattungsanspruchs zu veranschlagen.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 23.04.2024, 18:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/anspruchs-und-bemessungskriterien-fuer-heiratsgut/)

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