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Sachverständigenbeweis – verfassungsrechtliche Bedenken

 
 

Mit der der zugrunde liegenden Entscheidung sprach der Oberste Gerichtshof einen Kinderarzt vom Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt frei. In den Gründen dieser Entscheidung werden erstmals verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen der Strafprozessordnung über den Sachverständigenbeweis geäußert.

Der Grund dafür besteht darin, dass im strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren ein Sachverständiger im Normalfall von der Staatsanwaltschaft bestellt wird. Nach Ansicht des Senats führt dies dazu, dass der von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige, soweit sich die Anklage begründend auf seine Expertise stützt und ihn das Gericht für das Hauptverfahren neuerlich zum nunmehr auch gerichtlichen Sachverständigen bestellt, als von einer Verfahrenspartei nicht unabhängiger Zeuge der Anklage zu qualifizieren ist. Die Bedenken an der Verfassungskonformität betreffen § 126 Abs 4 dritter Satz StPO im Zusammenspiel mit § 126 Abs 2c und 3 erster Halbsatz StPO.

Im Anlassverfahren haben diese verfassungsrechtlichen Bedenken zu keiner Normanfechtung geführt, weil unabhängig von dieser Frage ein Freispruch geboten war. Dies deshalb, weil die Durchführung von Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung geschieht, worauf es beim Missbrauch der Amtsgewalt aber ankommt.

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ogh.gv.at | 25.04.2024, 17:04
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/sachverstaendigenbeweis-verfassungsrechtliche-bedenken/)

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